Rezension

Das Leben des Friedensnobelpreisträgers 2018

Meine Stimme für das Leben - Denis Mukwege, Berthil Åkerlund

Meine Stimme für das Leben
von Denis Mukwege Berthil Åkerlund

Bewertet mit 4.5 Sternen

Dr. Denis Mukwege hat 2018 den Friedensnobelpreis verliehen bekommen. Schon vorher hat er verschiedene menschenrechtliche Auszeichnungen (z.B. den Menschenrechtspreis der Vereinten Nationen) erhalten und doch hatte ich ihn bisher nicht auf dem Schirm.

Er ist Gynäkologe und hat sich auf die Behandlung von im Rahmen von Kriegshandlungen verstümmelten Geschlechtsorganen von Frauen spezialisiert. In der Tat ist er weltweit führend auf diesem Gebiet - eine traurige Vorreiterrolle. In seinem Heimatland Kongo kämpfen unterschiedliche Milizen gegeneinander, eines der an Bodenschätzen reichsten Länder der Welt und seine Einwohner werden ausgebeutet und von einer ignoranten Regierung sich selbst überlassen. Frauen sind in diesem Szenario Mittel zum Zweck. Sie werden entführt und, teilweise tagelang und von zahlreichen Tätern, vergewaltigt und danach durch Waffengewalt - Bajonette, Gewehrschüsse, geschmolzenes Plastik - abschließend entwürdigt. Was das mit dem weiblichen Gebärapparat anstellt und welche Folgen das (nicht nur) für die spätere Körperhygiene hat, kann man sich kaum vorstellen. Hinzu kommt die Verbannung aus der Familie, denn die entehrten Frauen werden in der Regel verstoßen.

Als Dr. Denis Mukwege als Arzt in seinem Heimatland zu arbeiten begann - eigentlich wollte er Kinderarzt und Geburtshelfer werden - blieb ihm, der schon mit 8 Jahren wusste, dass er ein 'Heiler' werden wollte, fast gar nichts anderes übrig, als sich der Frauen anzunehmen, die mit solch grausamen Verletzungen nach teils tagelangen Märschen zu ihm ins Krankenhaus kamen. Heute, nach mehreren fehlgeschlagenen Mordattentaten auf den mutigen Mann, kann er nur noch mit Personenschutz das Haus verlassen und arbeiten. Doch das hält ihn nicht davon ab, weiter für das Leben und die Würde der Frauen in seinem Heimatland zu kämpfen.

In 'Meine Stimme für das Leben' berichtet Denis Mukwege von seinem Werdegang. Der Sohn eines protestantischen Pastors, dessen christlicher Glaube ihm immer die Gewissheit verlieh, dass es seine Berufung ist, Menschen durch Medizin zu helfen (in Ergänzung zu seinem Vater, der dies durch Gebete tat), erzählt von seiner Kindheit, seinen Studien, seinen Reisen, seiner Familie und vor allem von seinem Land. In grob thematischen strukturierten Abschnitten lenkt der Erzähler die Betonung mal mehr auf den religiösen Aspekt Denis Mukwege Lebens, dann auf den beruflichen, dann auf den der politischen Entwicklung des Kongo. Dass hier die Chronologie teils komplett verloren geht und der Leser die zeitliche Orientierung verliert, ist die einzige Kritik, die ich anbringen kann. Eine Chronologie am Ende des Buches fasst aber alle Stationen Denis Mukweges Leben noch einmal übersichtlich zusammen. 

Das extrem kurzweilige Buch ist so nicht nur eine spannende Lebensgeschichte, sondern auch eine Geschichts- und Politikstunde. Der Leser kann Dr. Mukweges Einstellung teils nur kopfschüttelnd bewundern, 'nachvollziehen' wage ich nicht zu sagen. Die Umstände, mit denen die afrikanischen Bürger teilweise tagtäglich konfrontiert sind, sind für uns nicht greifbar und alptraumhaft unwahrscheinlich. Dass Denis sich in Situationen, in denen es für ihn und seine Familie 'Sicherheit oder Kampfzone' hieß, wiederholt für die Gefahr entschied, um den Frauen weiter helfen zu können, zeugt von einer Glaubensstärke und einem Verantwortungsbewusstsein, die ihn zu Recht zum Friedensnobelpreisträger gemacht haben.