Rezension

Das Mittelalter und die Reformation hautnah miterleben

Eine kleine Geschichte der Reformation - Jörg Kailus

Eine kleine Geschichte der Reformation
von Jörg Kailus

Bewertet mit 5 Sternen

Mittelalter und die Reformationsbewegung umfassend und gleichzeitig spannend und lebendig erzählt - Klasse!

Cover:
Das bläuliche Cover mit Luther als wichtige Figur der Reformation wirkt einerseits seriös, andererseits für meinen Geschmack etwas unscheinbar. Passend zum Inhalt hätte ich ein bunteres, etwas auffallenderes Cover passender gefunden. Luther ist zwar die zentrale und bekannte Figur in dem Kontext, das Buch betrachtet aber auch viele Dinge und Personen drumherum. Eine Art bunte Collage hätte ich hier schöner gefunden.

Inhalt:
Jörg Kailus erzählt die Geschichte der Reformation, angefangen von den Zuständen kurz zuvor, über die Probleme der mittelalterlichen Gesellschaft und der "alten" katholischen Kirche bis hin zu Luther, seinen Thesen und den Folgen danach.

Mein Eindruck:
Das, was mir von Anfang an gut gefallen hat, ist die Art und Weise, wie der Leser in die Geschichte eingeführt und durch sie an der Hand des Erzählers hindurchgeführt wird. Gleich zu Beginn wird der Leser fiktiv ins Mittelalter kurz vor Beginn der Reformationsbewegung gestürzt. Es wird suggeriert, er wacht dort auf und schaut sich um, nimmt Dinge im Vergleich zu der ihm bekannten Gegenwart wahr. Durch einen Erzählstil, der stets von "uns" redet (z. B. "Schauen wir uns dies genauer an...") bindet er den Leser so mit ein, dass man das Gefühl hat, hautnah alles mitzuerleben. So wird dies kein dröger Geschichts- oder Religionsunterricht, sondern spannendes Erleben des Mittelalters mitsamt den Gedanken und religiösen Beweggründen der Menschen, die zu dieser Zeit dort lebten. Zwischendurch bedient sich der Autor fiktiver Figuren, durch deren Geschichten spürbar wird, wie die einzelnen Berufe ausgeübt wurden, der Alltag der Menschen gelebt wurde und wie sich die Menschen gefühlt haben mögen. Neben Luther werden auch seine Kontrahenten und die daraus entstehenden Nebenströme beleuchtet, so dass man ein umfassendes Bild bekommt. Dabei ist dem Autor wichtig, keine Urteile über die Handelnden zu fällen. So sagt er mehr als einmal Sätze wie "Wir sollten aus der historischen Ferne nicht vorschnell urteilen."(S.160f.) Es geht darum, die Vorgänge zu verstehen, nicht zu bewerten.
 
Ich selbst habe mich bislang wenig mit den Unterschieden der Evangelischen untereinander oder ihren Unterschieden zur Katholischen Kirche befasst. Natürlich kannte ich Schlagworte wie Luther oder Calvin, aber die Zusammenhänge und das Verständnis hierfür sind mir erst durch dieses Buch ermöglicht worden. Hilfreich zum Nachschlagen, auch später, ist zudem das übersichtliche und gut erklärende Glossar am Ende des Buches.
 
Natürlich wird hier nur der wesentliche Kern der Ereignisse beleuchtet, dafür ist es auch nur eine "kleine Geschichte" der Reformation. Der Autor schreibt selbst, dass das Buch keinen wissenschaftlichen Anspruch erhebt und nicht für theologische Fachdiskussionen geeignet sei. Aber um diese führen zu können bzw. das Gelesene weiter zu vertiefen, bietet er am Ende jede Menge Literaturhinweise an.

Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, da die Kapitel jeweils kurz, aber sehr informativ und vor allem sehr spannend waren. Ich wünschte mir, in meiner Schulzeit hätte es solche Bücher gegeben, ich hätte Religion und Geschichte damals viel spannender gefunden!

Fazit:
Mittelalter und die Reformationsbewegung umfassend und gleichzeitig spannend und lebendig erzählt - Klasse!