Rezension

Das Patenkind sagt: Cool

Der Hund war's, ich schwör! - Gundi Herget

Der Hund war's, ich schwör!
von Gundi Herget

Bewertet mit 5 Sternen

Manche Bücher lassen sich von Kindern besser begreifen als von Erwachsenen. Denn zugegeben, als „Der Hund war’s, ich schwör“ von Gundi Herget und Meike Haberstock bei uns zu Hause ankam, hat meine kleinmütige, erwachsene Krämerseele mal direkt die harten Fakten überschlagen: 7 Doppelseiten, 70 Wörter, kleines Handtaschenformat, knapp 10 Euro, holla! Misstrauisch war ich auch. Kann ein Bilderbuch mit so wenig Text das fünfjährige Patenkind überhaupt noch vom Hocker reißen? Die Altersempfehlung lautet: 3 – 6 Jahre. Doch die kindliche Auffassungsgabe macht in dieser Zeitspanne rasante Sprünge und die literarischen Ansprüche wachsen synchron mit. Langsam und gemächlich führt der Weg weg von reinen Bilderbüchern hin zu längeren Geschichten. Wenngleich Bilder im Vorschulalter einen hohen Stellenwert behalten, wird der Textanteil – von Mama oder Papa vorgetragen – langsam attraktiver.
Meine Bedenken wischte das Patenkind jedoch zackig vom Tisch. Und so durfte ich dieses farbenfrohe kleine Buch ein zweites Mal - durch kindliche Augen - erleben. In „Der Hund war’s, ich schwör“ eröffnet sich dem Betrachter eine kuriose Argumentationskette, die sich am Ende auf verblüffende und sehr humorvolle Weise schließt.

Es beginnt mit der Lehrerin. Die will die Hausaufgaben sehen. Aber die hat das Kind nicht dabei und behauptet: Der Hund war’s. Der hat die Hausaufgaben gefressen. Na klar, der Hund war’s. Die Lehrerin hat vermutlich schon bessere Ausreden gehört und will schon schimpfen, da spricht das Kind weiter. Der Hund hatte nämlich Hunger, weil nichts zu fressen, weil Oma den Hund nicht gefüttert hat, weil Papa kein Hundefutter gekauft hat, weil Mama keinen Einkaufszettel geschrieben hat. So geht es einige Seiten weiter, bis das Ganze mit einem wohlgesetzten Tusch endet, der beim Patenkind einen durchschüttelnden Lachanfall ausgelöst hat. Auch ich musste grinsen. So einfach und doch gar nicht unkomplex, öffnet der Bilderreigen die Augen für die Tücken des Alltags und lässt die Lehrerin am Ende richtig schön dumm aussehen.

Viel zu entdecken gibt es auf den ersten Blick nicht. Nur wenige Details verstecken sich auf den Seiten. Fesselnd sind sie aber doch. Passend zu jeder neuen Erklärung, die das Kind der Lehrerin vorträgt, treten nämlich die Familienmitglieder in die Bilder, bis sich ein hübsches, chaotisches Grüppchen versammelt hat. In den Gesichtern lässt sich nicht nur wunderbar lesen, auch der Ton des Buches wechselt mit jeder hinzugewonnenen Figur. Dominiert anfangs die griesgrämige Lehrerin in grau-brauner Schreckenstracht das Geschehen und taxiert den kindlichen Betrachter Respekt einflößend, füllen bunt gekleideten Menschen die Seiten nach und nach mit Leben und lassen die Lehrerin in den Hintergrund treten und auch immer mehr verzweifeln. Ach, wer möchte das im richtigen Leben nicht mal selbst erleben? Es macht einfach Spaß.

Zu Bedenken geben möchte ich aber eines und dies betrifft das Thema Hausaufgaben: Tatsächlich hat sich in den letzten Jahren so einiges verändert, vor allem in den Grundschulen. Der Stellenwert von Hausaufgaben ist hier oftmals nicht mehr der gleiche, wie noch vor einigen Jahren. An einigen Schulen sind sie quasi abgeschafft und gegen bewusste Lernzeiten ersetzt worden. Mein eigener Sohn hatte während der ersten vier Schuljahre nicht ein einziges Mal Hausaufgaben zu Hause machen müssen, sondern diese in kleinerem Umfang innerhalb der Betreuungszeiten der Schule erledigt. Das mag jedoch individuell und regional unterschiedlich sein, könnte die Pointe aber im Zweifelsfalle schmälern.
In meinem Patenkind hat „Der Hund war’s, ich schwör“ von Gundi Herget und Meike Haberstock eher zufällig den perfekten Betrachter gefunden. Der große Bruder ist gerade auf die weiterführende Schule gewechselt und wird dort kulturschockartig mit Hausaufgaben überhäuft, weshalb er mit dem kleinen Bruder nicht mehr so viel spielen kann. Was das nun genau mit der Geschichte zu tun hat, sollte man selbst herausfinden, sonst macht es ja keinen Spaß mehr.

Und weil die olle Tante im Grunde sowieso keine Ahnung von Bilderbüchern hat, zitiere ich das Kind: Cool!