Rezension

Das spannendste und düsterste Überraschungsei, das ich je lesen durfte.

Tagebuch aus der Hölle - Jeffrey Thomas

Tagebuch aus der Hölle
von Jeffrey Thomas

Bewertet mit 5 Sternen

Einfach lesen, überraschen lassen und dabei das eigene Weltbild gut festhalten!!!

Der Held dieses Buches findet sich unverhofft nach seinem Selbstmord in der Hölle wieder.

Unverhofft, weil er eigentlich nicht so wirklich an das ganze Gott, Himmel, Hölle und so glaubt. Deswegen prangt auf seiner Stirn auch ein “A” für Agnostiker.

Zunächst muss jeder Neuankömmling eine Ausbildung in der dortigen Uni über sich ergehen lassen, dort lernt man wie der Hase in der Hölle so läuft und tut Buße (nicht dass das was nützen würde).

Er allerdings missbraucht sein Lehrbuch heimlich als Tagebuch, welches wir nun in den Händen halten - als Warnung.

Was er an der Uni und auch später auf jeden Fall gelernt hat ist, dass die Hölle ganz anders ist, als man es sich gemeinhin so vorgestellt hat.

Es wimmelt zwar von Qualen, Folterungen und Dämonen aber alles ist wesentlich normaler und dem Leben ähnlicher als gedacht.

Und hier trumpft der Autor mit einer ungeahnten, beängstigenden, faszinierenden Fülle an Ideen auf.

Es sieht zwar so aus wie man sich die Hölle so vorstellt aber es gibt z.B. Städte in denen die Menschen und Dämonen leben und arbeiten, denn auch in der Hölle muss man sich seinen Lebensunterhalt verdienen.

Zwar ist das im Prinzip nicht notwendig, denn verhungern kann man als unsterbliche Seele natürlich nicht aber Hunger leidet man dennoch und Nahrung kostet Geld.

Auch eine Unterkunft gestaltet die Ewigkeit angenehmer, genau wie Kleidung.

Arbeiten kann man z.B. in einer Folterfabrik, in der man dann andere Menschen foltert.

An Geld kommt man auch, in dem man Fleisch verkauft. Sei es von erlegten Höllengetier oder aber und das bringt deutlich mehr Geld ein, in dem man Fleisch von sich selbst verkauft. Zack, Rübe ab, wächst ja alles wieder nach (tut aber sehr weh).

Unser Held will sich seine Menschlichkeit so lang es geht bewahren und arbeitet stattdessen in einer riesigen Fabrik, in der es seine Aufgabe ist einen Hebel umzulegen, sobald ein entsprechendes Licht aufleuchtet.

Das würde auch einigen Engeln gut zu Gesicht stehen, denn die veranstalten regelmäßig Ausflüge hinab in die Hölle und machen Jagd auf Sünder und quälen und “töten” diese, nur so zum Spaß.

“Sünder” ist in der Welt von Jeffrey Thomas sowieso interessant aufgefasst. So mutmaßt unser Held, dass eine Frau die abtreibt natürlich in die Hölle kommt, ein Fundamentalist der einen Abtreibungsarzt erschießt sich aber im Himmel wiederfindet.

Sowieso ist es spannend, wer so alles in der Hölle landet.

Der Einband des Tagebuchs z.B. besteht aus der Haut eines Autors (Autoren landen recht leicht in der Hölle) und die beiden Kommunizieren kompliziert über Zwinkern des einzig verbliebenen Auges des Autors auf dem Buchumschlag.

So geht die Zeit dahin, bis der Held eines Tages auf eine gekreuzigte und misshandelte Dämonin trifft und dieser das Leben rettet (Dämonen sind sterblich, da sie keine Seele besitzen).

Und das setzt gewaltige Ereignisse in Gang.

 

Selten habe ich ein so unterhaltsames, ideenreiches, beängstigendes Buch gelesen. Das kann einem wirklich das Weltbild erschüttern.

Für ein Buch des festa-Verlages ist es erstaunlich harmlos aber keineswegs langweilig, ganz im Gegenteil, ich habe es verschlungen.

Unbedingt lesen auch wenn man sonst mit Horror nichts am Hut hat.

Als ebook ist das auch gar nicht so teuer, dann verpasst man aber den tollen Einband (der aber nicht aus Haut besteht).