Rezension

Das Verbrechen von Beauval!

Drei Tage und ein Leben - Pierre Lemaitre

Drei Tage und ein Leben
von Pierre Lemaitre

Es ist kurz vor Weihnachten im Jahr 1999, als der 6 jährige Rémi verschwindet. Das ganze Dorf Beauval steht Kopf, die Gegend wird tagelang abgesucht . Mitten drin der 12 jährige Nachbarsjunge Antoine,der den verschwundenen Jungen zum letzten Mal lebend gesehen haben soll. Doch Antoine weiss mehr als er sagt,denn er ist nicht nur der Letzte ,der Rémi lebend gesehen hat, sondern auch sein Mörder.

Dieses Buch, das im Original "trois jours et une nuit" heisst wurde hervorragend übersetzt und überzeugt durch seine einfache Sprache. Der Schreibstil von Pierre Lemaire, der für sein letztes Buch mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde, ist sachlich,zeitweise trocken und nüchtern. Wo andere Autoren zwei, drei Sätze formulieren, packt Lemaitre alles in einen Satz und trennt mit etlichen Kommas . Die rar eingesetzte direkte Rede unterstreicht das Sachliche des Stils noch zusätzlich. Und gerade das ist es, dass mich von Beginn weg gefangen genommen hat. Zwar bekommt die Figur Antoine dadurch auch etwas oberflächliches….doch ich vermute, dass dies genau das war,was der Autor damit erreichen wollte. Denn so kann man sich als Leser so richtig schön entrüsten ob der Abgebrühtheit des Täters. Meine Emotionen sind vor allem im zweiten Teil,der 2011 spielt und Antoine erwachsen ist, hochgekocht. Wie kann man mit dieser Schuld nur leben?Wie kann man den Eltern und der Schwester des verschwundenen Kindes in die Augen sehen ?Für mich unbegreiflich…

Das Verschwinden des kleinen Rémi, zeigt nicht nur die Gerüchteküche des kleinen Kaffs,die regelrecht brodelt. Es zeigt auch wie schnell Menschen, die nicht in eine Schema passen, vorschnell vorverurteilt werden. Und, wie schnell ein an und für sich einschneidendes Ereignis von einem nachfolgenden ,plötzlich interessanterem ,Gesprächsthema verdrängt wird. Da spiegelt die Geschichte voll und ganz die heutige Gesellschaft wieder.

Der Fokus liegt praktisch das ganze Buch über auf dem Täter und seiner Schuld. Ermittlungen oder wie die Familie des Opfers mit dem Verlust umgeht , bekommt man nur am Rande mit. Hier empfand ich einige Passagen, wie das Packen eines Rucksackes für die Flucht als langatmig und zu ausschweifend.

Mich hat dieses Buch berührt, beschäftigt und nachdenklich gemacht und ich kann eine klare Leseempfehlung aussprechen.