Rezension

Der Norden Kanadas

Norden -

Norden
von Sien Volders

Bewertet mit 5 Sternen

Im äußersten Norden Kanadas findet sich die ehemalige Goldgräberstadt Forty Miles. Dort lebt Mary, die Inhaberin des einzigen Ladens, gleichzeitig Anlaufstelle für die Bewohner, wenn es u die neueste Post oder den dörflichen Klatsch geht. Eines Tages kommt die junge Goldschmiedin Sarah nach Forty Miles. Die Bewohner, allen voran Mary, Adam und Jacob, aber auch die Abgelegenheit und die Schönheit der Natur um sie herum, nehmen die junge Frau gefangen und bringt sie dazu immer wieder zurück zu kommen und Vancouver hinter sich zu lassen.

Als erstes möchte ich die wunderschöne Sprache von Sien Volders hervorheben. Sie hat eine sehr besondere Art, Dinge zu beschreiben, sie fängt die Landschaft aber auch die Leidenschaft der Figuren sowie die Figuren selbst, ein in eine Netz aus poetischen Worten, die ein Gefühl bei mir hinterlassen und mir direkt ins Herz greifen. Man spürt die Leidenschaft, die die Figuren für etwas haben, man spürt die Landschaft unter seinen Füßen, man sieht die Figuren vor sich. Jeder Satz hat gepasst, egal ob Volders gerade schöne oder traurige Momente beschreibt. Und von beidem gibt es reichlich in diesem Buch.

Sarah ist eine sehr begabte Silberschmiedin, sie entwirft ihren Schmuck für Frauen und Menschen, für die Schmuck mehr bedeutet als nur ein Statussymbol um den Reichtum ihrer Männer zu zeigen. Nein, Sarah möchte Schmuck machen, der die Menschen bewegt, der sie wiederspiegelt und zu ihnen spricht. Umso unsicherer ist sie, als sie ein Angebot einer großen bekannten Schmuckfirma bekommt. In dieser ungewissen Stimmung macht sie sich auf den Weg nach Forty Miles und fühlt sich dort das erste Mal irgendwie heimisch, das erste Mal seit langer Zeit fühlt sie sich weniger getrieben und gezwungen, das erste Mal kann sie mehrere Tage ohne einen Gedanken an die Arbeit verbringen. Dafür sind Adam und Jacob nicht ganz unwichtig, denn die beiden zeigen Sarah das abgeschiedene Leben in Norden Kanadas. Aber Sarah ist nicht die einzige, die weiß, was es heißt von der Kunst verzehrt zu werden. Auch Mary und Adam haben mit ihrer Begabung zu kämpfen, die eine konnte es hinter sich lassen, der andere wird von seinem brennenden Traum in die Alkoholsucht getrieben. Sarah befindet sich zwischen ihnen, noch immer verknüpft mit ihrem Leben in Vancouver, doch sie verändert das Leben der Menschen in Forty Miles genauso wie Forty Miles ihr Leben verändert.

"Norden" ist ein wirklich schönes Debüt und ich bin gespannt auf weitere Werke dieser Autorin. Sie hat hier ein Buch geschaffen, das sehr vielschichtig ist und viele Themen anspricht. Nicht alle direkt, viele untergründig aber dennoch wahrnehmbar, wie das Innenleben der Protagonisten und was es für sie heißt, ein Künstler zu sein und für seine Kunst zu brennen, den Kontakt zu ihren Mitmenschen zu verlieren. Aber esgeht auch um die Einsamkeit, die innere aber auch die äußere, die man in der Abgeschiedenheit inmitten der Natur empfinden kann und die viel von den Menschen abverlangt. "Norden" ist aber auch ein sehr hoffnungsvoller Roman, ein Roman voller Freundschaft, Liebe und Zugehörigkeit. Es ist ein Buch, das gleichzeitig unglaublich traurig aber auch unglaublich schön ist, ein Buch, dem ich viele Leser wünsche, denn es hat mich sowohl mit seiner Sprache als auch mit seinem Inhalt sehr berührt