Rezension

Der pensionierte Kommissar Konráð nimmt Fäden der Vorgängerbände wieder auf

Das dunkle Versteck -

Das dunkle Versteck
von Arnaldur Indriðason

Bewertet mit 3.5 Sternen

Kommissar Konráð ist längst in Rente, als eine ältere Frau bei der Polizei  Reykjavik eine lädierte Militärpistole abliefert, die sie nach dem Tod ihres Mannes gefunden hat. Konráð erinnert sich noch exakt an den Tag in den 50ern, als ihm sein Vater eine Luger dieses Modells zeigte. Die kriminaltechnische Untersuchung der Waffe ergibt, dass aus ihr in der Nachkriegszeit  ein  tödlicher Schuss auf den jungen Garðar, Bewohner einer Barackensiedlung, abgegeben wurde, die längst nicht mehr existiert. Da der Tod von Konraðs Vater Seppi noch immer ungeklärt ist, nimmt der pensionierte Ermittler mehrere Fäden (aus  den Vorgängerbänden) auf: den ungeklärten Mord mit der Luger, eine Serie sexueller Gewalt, für die bisher nur ein Einzeltäter verurteilt wurde, und die damit offenbar verknüpften Straftaten seines Vaters.

Konráð, von dem Indriðasons Leser im Laufe dieser Roman-Serie ein zunehmend zwiespältiges Bild erhalten, geht mit seinem verzwickten Cold Case aus den 50ern den aktiven Kollegen gewaltig auf die Nerven. Dass die isländische Polizei in den 50ern auf einem Auge blind zu sein schien bei Ermittlungen gegen die „Stützen der  Gesellschaft“ und diese Nachlässigkeit stets zu Lasten von Opfern und Angehörigen  aus schwierigen Verhältnissen ging, scheint bisher nur Konrað aufzufallen. Im Reigen aus offenen Fragen und Vermutungen  setzt  der pensionierte Ermittler sich wieder einmal mit dem Einfluss seines kriminellen, gewalttätigen Vaters auf sein Leben auseinander. Konrad sieht sich jedoch ebenso  mit seiner eigenen dunklen Seite konfrontiert und  dem Groll, den andere Menschen gegen ihn hegen. 

Fazit

Die Rahmenhandlung auf Basis einer gefundenen Wehrmachtspistole, die als  Trophäe durch US-Soldaten nach Island gelangt sein könnte, benutzt Indriðason als Klammer, um Fälle seiner vorhergehenden Konrað-Bände neu aufzunehmen.  Vor dem Hintergrund einträglicher „geschäftlicher“ Beziehungen zum  amerikanischen Militärstützpunkt (1945-47)  entsteht so ein sozialkritisches Bild der Nachkriegsjahre. Konraðs Generation erlebte den  beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg  des Landes zu der Nation, die wir heute kennen, unvorstellbare Gleichgültigkeit gegenüber Menschen, die nicht ins Bild passten, und eine Polizeibehörde, die der Entwicklung atemlos hinterherzulaufen schien. Besonders dieser 5. Serien-Band verdeutlicht, dass Konraðs Respekt gegenüber Opfern und Zeugen von Gewalttaten aus eigener Betroffenheit resultiert.

Die Anzahl an Personen und Verknüpfungen ist komplex und erfordert Kenntnis der Vorgängerbände.  Eine Zeittafel und ein Personenverzeichnis wären hilfreich (meine ebook-Ausgabe enthält keine).