Rezension

Der "Rentner"

Das Gesetz des Sterbens
von Ian Rankin

Bewertet mit 4 Sternen

Detective Inspector Siobhan Clarke untersucht den Tod eines Edinburgher Anwalts, der von einem Einbrecher in seiner Wohnung getötet wurde. Doch der Fall wird rätselhaft, als man eine anonyme Botschaft an den Anwalt findet: "Ich bringe dich um für das, was du getan hast." Dieselbe Botschaft hat auch Edinburghs Unterweltgröße Big Ger Cafferty erhalten, kurz bevor auf ihn geschossen wird. Cafferty bleibt unverletzt, schweigt aber über mögliche Feinde. Schließlich bittet Clarke den kürzlich in den Ruhestand versetzten John Rebus um Hilfe. Er ist der Einzige, mit dem Cafferty zu sprechen bereit ist. Steckt hinter den Taten ein Verbrecherclan aus Glasgow? Dem geht DI Malcolm Fox nach, während Rebus eine andere Spur verfolgt. Die führt ihn in Edinburghs Vergangenheit, zu einem Haus, in dem Schreckliches geschehen ist.

Was ist der Unterschied zwischen John Rebus als aktiver Polizist und als Rentner? Keiner, außer dass er seinen Polizeiausweis nicht mehr vorzeigen kann. Ansonsten bleibt sich alles gleich, Siobhan Clarke als wichtigste Nebenfigur, Cafferty als Freund-Feind – in diesem Band noch mehr als in den vorherigen - und diverses Personal von Sergeant bis zur Gerichtsmedizinerin.

Ein geschickter Schachzug des Autors, den er nach „Schlafende Hunde“ nun schon das zweite Mal macht: Indem er Malcolm Fox, den bei den Lesern eher glücklosen Protagonisten der Rebus-Nachfolgereihe, zugleich mit dem Idol auftreten lässt, schafft er gleichzeitig den 4. Band der Fox- und den 20. Band der Rebus-Reihe. Fox als bemühter Gegenentwurf zu Rebus erhält hier ein klareres Profil und wird sympathischer.

Diesmal geht es Fox mehr an den Kragen als Rebus. Durch seinen bisherigen Arbeitsplatz in der Abteilung für interne Ermittlungen schlägt ihm in seiner neuen Truppe, Glasgower, die einen Unterweltboss aus ihrer Stadt in Edinburgh jagen, Misstrauen entgegen. Rebus kommt „eigentlich“ nur ins Spiel, weil Big Ger Cafferty nur mit ihm und keinem anderen Detective sprechen will. Und wenn Rebus einmal an einer Untat geschnüffelt hat, …

Drei Unterweltbosse treten in diesem Krimi auf: Der hinlänglich bekannte Cafferty, sein Edinburgher Konkurrent Darryl Christie und der Glasgower Joe Stark mit Sohn und Erbe Dennis, die einen Dealer jagen, der mit ihren Drogen und ihrem Geld nach Edinburgh abgetaucht ist. Allerdings, so richtig gefährlich wirkt keiner von ihnen. Sie erscheinen wie würdige Herren, die eine gewissen Macht haben und ihr Revier verteidigen, sofern sie nicht zu alt oder zu müde geworden sind. Von einer Fehde, wie sie normalerweise zwischen einflussreichen Platzhirschen aufflammt, ist wenig zu spüren. Sie gehen zahm, um nicht zu sagen sanft und verständnisvoll miteinander um.

Auch Rebus ist ruhiger geworden. Er raucht, klar, trinkt aber weniger als in den meisten Vorgängerbänden und prescht nicht mehr mit Wucht durch die Ermittlungen. Na gut, das braucht er nun als Rentner nicht mehr, dennoch sind sein Verstand und seine Erfahrungen gefragt. Beides nutzt er auf seine gewohnt intuitive Art.

Im Vergleich zu früheren Rebus-Ermittlungen erscheint diese vergleichweise gut überschaubar. Zwar immer noch komplex, auch sind wieder einige Fälle miteinander und mit Altlasten verknüpft, doch bleibt die Handlung einigermaßen begrenzt auf zwei bis drei Stränge.
Die Not am Ende kennt man, wenn Rebus sich zwischen Recht und Gerechtigkeit entscheiden muss.

„Das Gesetz des Sterbens“ (wer hat sich eigentlich diesen Titel ausgedacht???) gehört nicht zu den absoluten Glanzleistungen der Reihe(n), doch es ist ein solider, eher ruhiger Krimi mit einem der bester literarischen Ermittler der Gegenwart.