Rezension

Der Schein trügt nicht

Der Schein - Ella Blix

Der Schein
von Ella Blix

Bewertet mit 4.5 Sternen

Alina soll die nächsten sechs Monate auf dem Internat Hoge Zand auf der Ostseeinsel Griffiun verbringen, da ihr Vater geschäftlich nach Amerika muss. Kaum dort angekommen, lernt sie die Lonelies kennen, eine Gruppe Schüler, die auch die Wochenenden im Internat verbringt und sich zusammengeschlossen hat, um der Einsamkeit vorzubeugen. Alina hatte sich eigentlich fest vorgenommen, sich nicht wohlzufühlen, die nächsten Monate hinter sich zu bringen und dann wieder zurück nach Berlin zu ihrem Freund Lukas zu können. Doch je mehr Zeit sie auf der Insel verbringt, umso geheimnisvoller erscheint ihr alles. Warum darf sie nicht in das angrenzende Naturschutzgebiet? Und wer ist das Mädchen mit der seltsamen Ausrüstung, das Alina getroffen hat? Und warum erscheint an der Nordküste ein schwarzes Schiff und verschwindet auf unheimliche Weise wieder? Alina weiß genau, dass sie den Hinweisen nachgehen muss, denn sie hat das unbestimmte Gefühl, dass alles mit ihr zu tun hat.

Aufgrund des Klappentextes hätte ich jetzt wahrscheinlich nicht nach dem Buch gegriffen, aufgrund des Covers jedoch schon. Es fällt gleich ins Auge. Das samtige Schwarz harmoniert wunderbar mit dem in Gold gehaltenen Mädchen.

Der Inhalt ist dann doch anders, als ich erwartet habe. Zwar weiß man aufgrund des Klappentextes, dass es sich um ein Jugendbuch handelt, doch dass es auch genau in "Jugendstil" geschrieben ist, hat mich dann sehr überrascht. Umgangssprache, jugendliche Gedankensprünge und ab und zu ein paar Tagebucheinträge geben der Geschichte nochmals einen sehr jugendlichen Kick.

Ich hatte das Buch aufgrund des Schreibstiles innerhalb kürzester Zeit gelesen. Es macht Spaß, sich durch die Geschichte zu bewegen, denn Alina und ihre Freunde sind so unglaublich ungewöhnlich, dass man einfach weiterlesen muss, um ja nichts zu verpassen. Ständig passiert etwas neues, ständig werden neue Geheimnisse aufgedeckt und ständig überraschen alle mit Dingen, die man ihnen gar nicht zugetraut hätte.

Allen voran ist es Alina, um die sich die Geschichte ja dreht. Sie erzählt in Ich-Form davon, warum sie in das Internat geht und welche bewegende Vergangenheit sie hat. Diese Vergangenheit wird immer wieder in Rückblicken dargeboten oder in kurzen Hinweisen in ihren Tagebucheinträgen eingeflochten. Nach und nach ergibt sich somit ein Bild, das unendlich traurig ist. Alina hat schreckliches durchgemacht und sucht auch heute noch nach Antworten auf die vielen Fragen, die sich aus der Vergangenheit aufgestaut haben.

Ihre Mitstreiter, eine kleine Gruppe namens Lonelies besteht aus Lexi, Nian, Gigi und Mareike-Helene (ich feiere das Autorenduo jetzt noch für die tolle Namenswahl). Die Lonelies verbringen auch die Wochenenden im Internat und fahren eigentlich nur in den Ferien nach Hause. Dies hat sie zusammengeschweißt. Sie sind eine tolle Truppe von "Losern", zumindest stellen sie sich so dar. In Wirklichkeit sind sie jedoch die tapfersten Freunde, die sich Alina vorstellen kann.

Am Anfang vergeht Alina noch in Selbstmitleid, weil sie nun sechs Monate auf einer einsamen Insel hoch im Norden verbringen muss. Ohne ihre beste Freundin Pinar und ohne ihren Freund Lukas. Als sie dann jedoch eine mysteriöse Entdeckung macht, wird es interessant. Die Recherche dazu erweist sich jedoch als schwierig und so ist sie auf Hilfe ihrer Freunde angewiesen.

Es macht sehr viel Spaß, alle in der Geschichte zu begleiten. Die vielen Eigenarten, Charakterzüge und Überraschungsmomente führen dazu, dass die Geschichte nie langweilig wird. Der Unterhaltungsfaktor bei dem Buch ist sehr hoch.

Das Ende war mir dann jedoch etwas zu abgehoben. Ich kann mir nur vorstellen, dass hier auf einen zweiten Teil hingearbeitet wurde. Die Auflösung des Rätsels sowie die Erklärung hat noch nicht mal 25 Seiten eingenommen. Ich habe noch sehr viele Fragen, die nicht beantwortet wurden. Einiges schien auch etwas undurchsichtig. Und auch Alinas Reaktion am Ende war für mich nicht richtig nachvollziehbar.

Leider habe ich aber nun erfahren, dass kein zweiter Teil geplant ist (obwohl ich hier die Hoffnung nicht aufgeben werde), und deswegen ein paar Fragen offen bleiben, damit die Phantasie der Leser auch nach dem Buch noch etwas zu tun hat und sich selbst vorstellen kann, wie die Charaktere sich weiterentwickeln.
Ein Teil des Autorenduos hat mir jedoch ein paar Fragen zwar beantworten können, insoweit hatte ich dann auch ein besseres Verständnis für die Entscheidung, das Buch etwas offen enden zu lassen. Hierfür sage ich nochmals herzlichen Dank für die schöne Korrespondenz.

Das Autorenduo hat einen wunderschönen Debüt-Roman geschaffen, der mit Witz und Unterhaltung punkten kann.

Fazit:
Der Schein trügt nicht.