Rezension

Der Wert des Augenblicks

Dein Augenblick - Jonathan Pax Michaels

Dein Augenblick
von Jonathan Pax Michaels

Bewertet mit 4 Sternen

„...Wenn du versuchst, die Liebe zu besitzen und einzusperren, so wird sie verwelken und dir keine Freude bereiten...“

 

ER liebt sie. SIE liebt ihn. Doch beide sind verheiratet und nicht miteinander. In beiden Ehen gibt es Kinder. SIE und ER funktionieren im Alltag. Doch dann gibt es diese kurzen Momente, die Träume, die Sehnsüchte. SIE will ihre Ehe nicht gefährden. Deshalb schreibt ER ihr ein Buch, ein Buch wie ein Liebesbrief. Darin erzählt er von den Augenblicken eines Jahres, den Augenblicken, die für ihn die Liebe ausmachen.

Beide kennen sich schon lange, wie man sich eben so kennt, wenn man sich ab und an über den Weg läuft. Dann spürte er, dass sein Leben eine Veränderung braucht. Es war ihr Lächeln, das ihn zuerst bezauberte.

Das Buch wird auf drei Ebenen erzählt. Zum einen sind es die Dinge, die im Alltag passieren. Zum zweiten sind es seine Träume, die in die Welt seiner Wünsche führen. Zum dritten sind es die Gedichte und Briefe, die er ihr schenkt und schreibt.

Es ist von Anfang an klar, dass ihre Liebe erst einmal nicht an das Licht der Öffentlichkeit kann. Sie möchte dies nicht. Trotzdem ist zu spüren, dass ihr seine Zuwendung gut tut. Andererseits aber nehmen ihre Schuldgefühle im Laufe der Zeit zu. Was in ihrer Ehe schief läuft, erfahre ich nach und nach. Über seine Beziehung gibt es nur einen Satz ganz am Anfang.

Der Alltag wird größtenteils sachlich beschrieben. Ab und an mischt sich eine Spur Bitterkeit hinein. Ganz anders gestaltet sind die kursiv und fett gesetzten Träume: gefühlvoll und behutsam. Hier lebt er auch seine sexuellen Wünsche aus. Doch die sind ein Geben und Nehmen. Nichts wird erzwungen. Das Ziel ist es, dem anderen gut zu tun.

Die Gedichte in zarter Schriftart sind sehr stimmungsvoll. Dabei versucht er, den Alltag in Bilder zu fassen, zu beschreiben, wie er sie sieht, wie sie auf ihn wirkt. In den fett gedruckten Briefen will er ihr die Ängste nehmen. Das gelingt ihm, meiner Meinung nach, nur begrenzt.

Die Wahl der Jahreszeiten als Leitmotiv ist ein gelungenes Stilelement. Sie symbolisieren die Stationen dieser Liebe.

Obiges Zitat stammt fast vom Ende des Buches. Er weiß, das er nicht klammern darf.

Zwei Anhänge ergänzen die Geschichte. Das eine sind Wunschzettel, das andere Fragen, die sich der Leser stellen sollte.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Spannend wäre es sicher, die Geschichte auch von der anderen Seite zu hören. Wie hat sie seine Liebe empfunden? Was hat ihr gut getan?

Das Cover zeigt die Brücke als verbindendes Element. Überschreiten muss sie jeder selbst. Das ist und bleibt eine ganz persönliche Entscheidung.