Rezension

Des Schlafes Bruder ist der Tod.

Schlafes Bruder - Robert Schneider

Schlafes Bruder
von Robert Schneider

Bewertet mit 5 Sternen

Eschberg, ein kleines österreichisches Dorf Anfang des 19. Jahrhunderts. Unter den Bewohnern gibt es nur zwei Familiennamen und Recht und Gerechtigkeit werden untereinander "beglichen". Das Leben ist hart. Die Seffin, gebirt ihr zweites Kind, ihr Ehemann Seff Alder ist nicht der Vater. Johannes Elias Alder betritt die düstere Welt, doch seine Mutter sperrt ihr Kind weg. Es ist ihr nicht geheuer. Nur sein Cousin Peter nimmt Sichtkontakt über das Schlafgemachfenster mit ihm auf und so ensteht eine innige, aber fatale Freundschaft zwischen den beiden.

Mit 5 Jahren entwickelt sich bei Elias das absolute Gehör und eine vorzeitige Pubertät setzt ein. Jetzt erst recht von allen gemieden, hat Elias alle Zeit der Welt, sein Talent zu nutzen. Er imitiert die Stimmen der Dorfbewohner, inspiziert das einzige Instrument des Dorfes, die Kirchenorgel und verliebt sich in Peters jüngere Schwester Elsbeth. Währenddessen entdeckt Peter seine Vorliebe für Grausamkeiten.

Bildung und Wissen bleiben dem Dorf fern, nur Wanderprediger säen ab und zu ihre kruden Ideen in die Köpfe der Menschen. Doch hauptsächlich schöpft man seine Entscheidungen aus Tradition und Hass. So auch, nachdem ein Brand das halbe Dorf zerstört. Nur Elias und Peter kennen die Wahrheit.

Elias wächst zu einem stattlichen Mann heran, übernimmt den Posten des Organisten und des Dorflehrers. Doch seine Liebe zu Elbeth bleibt unerwidert.

Der Roman erschien 1992, doch ich habe ihn erst jetzt für mich entdeckt. Robert Schneider, Jahrgang 1961 schrieb ihn also mit 31 Jahren, in einer Sprache und Ductus, die mich tief ins Geschehen hineingezogen hat. Zeit und Ort waren beim Lesen präsent, die Unglücke im Dorf fast körperlich spürbar und der Fatalismus erschütterte mein Inneres. Ich kann mir kaum vorstellen, wie diese Intensität in 35 Sprachen vollumfänglich übersetzt worden sein soll. Ein wenig erinnert die Geschichte an "Das Parfüm" von Süskind, hat aber wesentlich mehr Lokalkolorit und Zeitesprit.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 09. Februar 2023 um 20:36

Hätte er nicht so feste an der falschen Frau festgehalten, wäre es ihm bessergegangen. Aber Männer sind so so unbelehrbar. Eigentlich immer. Selber schuld.

Emswashed kommentierte am 10. Februar 2023 um 10:23

Hätte Peter nicht so vehement dagegen gearbeitet, wäre es vielleicht auch was geworden... mal abgesehen davon, dass die Brautsuche in diesem Dorf wohl von Anfang an eine schlechte Idee war. Aber Elias hat sie ja nicht gesucht, er fühlte sich mit ihrem Herzschlag verbunden.

wandagreen kommentierte am 10. Februar 2023 um 19:05

Was für ein Quatsch. Sie war die Falsche, ganz eindeutig.
 

wandagreen kommentierte am 09. Februar 2023 um 20:36

"Nur Elias und Peter kennen die Wahrheit." Und ich.

Emswashed kommentierte am 10. Februar 2023 um 10:19

Und ich jetzt auch, haha.