Rezension

Die Arglosen

Die Arglosen - Francesca Segal

Die Arglosen
von Francesca Segal

Bewertet mit 3.5 Sternen

Adam und Rachel leben im jüdischen Viertel in London, sind beide Ende zwanzig und seit Teenagerzeiten ein Paar. Die Geschichte beginnt, nachdem sie sich gerade verlobt haben. Ihre Hochzeit wird von Rachel und ihrer Mutter groß geplant, Adam wandelt zumindest gedanklich jedoch gerade auf Abwegen. Ellie, die schöne aber auch etwas zwielichtige Cousine von Rachel schwirrt ihm ständig durch den Kopf ist zurzeit auch gerade in London angekommen, nachdem es in New York für sie einige Schwierigkeiten gab.

Adam arbeitet als Anwalt in der Kanzlei seines zukünftigen Schwiegervaters, der für ihn zu einer Art Ersatzvater geworden ist, nachdem sein leiblicher Vater starb, als Adam noch ein Kind war. Da er und Rachel bereits so lange ein Paar sind, wird Adam längst wie ein Familienmitglied behandelt.

Daher ist Adam auch zutiefst verunsichert. Zum einen glaubt er Rachel zu lieben und spürt tagtäglich die Sicherheit der Familie und Gemeinde. Zum anderen fühlt er sich zu Ellie hingezogen, was jedoch für ihn kaum überschaubare Konsequenzen nach sich ziehen würde, würde er diesem Verlangen nachgeben.

 

Wir erfahren sehr viel über das heutige Leben und den Zusammenhalt der jüdischen Gemeinde in London. Es ist anzunehmen, dass es sich auch anderenorts so oder ähnlich abspielen könnte. Die Familien sind untereinander sehr stark verbunden, jeder scheint alles über den anderen zu wissen.

Für mich war dies sehr interessant und meines Erachtens auch nicht zu ausführlich dargestellt, dafür ab und an mit einem Augenzwinkern.

 

Der Großteil des Romans behandelt Adams Gefühlswelt. Alle anderen Charaktere spielen eher eine Nebenrolle. Rachel ist das perfekte kleine Frauchen, das zur Prinzessin erzogen wurde, der jeder Wunsch erfüllt wird und die nach der Hochzeit zu allererst ihren Job aufgibt. Wobei man dazu sagen muss, dass sie fast ausschließlich aus Adams Sicht beschrieben wird und von der Autorin keine eigenen Gedankengänge zugelassen wurden. Das hat mir gefehlt und das fand ich sehr schade. Daher fällt es einem leicht, sie als sehr unsympathisch zu bezeichnen. Adam entfernt sich ja auch mehr und mehr von ihr – der Leser daher auch. 

Ellie ist das genaue Gegenteil von Rachel und wird von Adam wahrscheinlich genau aus diesem Grund nahezu angebetet. Genau wie Adam hat auch Ellie sehr früh ein Elternteil verloren und diese Tatsache nimmt Adam zum Anlass, sich erst mal als eine Art Beschützer für Ellie anzusehen. Ellie ist mir von diesen dreien noch die Figur, die am sympathischsten wirkt und einigermaßen authentisch rüberkommt.

Adam selbst befindet sich von Anfang in diesem Dilemma, dass er sich nach diesen vielen Jahren mit Rachel fragt, ob es nicht doch noch ein anderes Leben für ihn gibt. Er allerdings nicht sicher ist, ob er den Mut besitzt, überhaupt ein anderes Leben führen zu wollen. Gerne hätte ich ihn das ein oder andere Mal kräftigt wachgerüttelt...

 

Es hat sich mir bis zum Ende nicht erschlossen, warum sich Adam für Rachel oder Ellie entscheiden sollte. Für mich passt er weder zu der einen, noch zu der anderen...

Mir fällt eine Bewertung etwas schwer. Einerseits war ich sehr gespannt auf dieses Buch, weil mich die Leseprobe sehr angesprochen hat. Andererseits hat mich die Geschichte nicht so gepackt, wie ich erhofft hatte.