Rezension

Die Besten Dinge können im Chaos entstehen

Und im Gepäck das Leben -

Und im Gepäck das Leben
von Elizabeth Musser

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Der Frieden des Herrn möge mit euch gehen, wohin er euch auch sendet. Er möge euch durch die Wildnis führen und im Sturm beschützen. Er möge euch nach Hause geleiten in der Freude über die Wunder, die er euch gezeigt hat. Und möget ihr in diese Freude einst wieder durch diese Türen treten."

 

Abbie hat alles im Griff. Sie ist glücklich verheiratet mit Bill, hat zwei wunderbare Söhne und ein geregeltes, gut durchorganisiertes Leben. Nichts kann ihre Pläne durchkreuzen. Dafür ist alles viel zu gut von ihr durchdacht. Mit dem Umzug in ein hochmodernes Loft wird ihre Familie wieder einen Schritt nach vorn machen. Doch irgendwie hat Abbie dieses Mal die Rechnung ohne ihre drei Männer gemacht. Ihre Söhne wollen endlich auf eigenen Beinen stehen und ihr Mann geht völlig überraschend auf Abstand. Warum? Abbie versteht die Welt nicht mehr. 

 

Sie entscheidet sich ihren Sohn Bobby auf dem Jakobsweg zu begleiten. Und natürlich hat sie auch hier alles durchdacht, geplant und organisiert. Was soll schon schiefgehen. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Abbie muss lernen Loszulassen und sich für andere zu öffnen. Viel mehr aber, muss sie sich selbst finden. Und das ist gar nicht so einfach mit so viel Gepäck im eigenen Rucksack. 

Die Wanderung wird zu einer Reise zu sich selbst. Nicht ohne dabei jedoch die anderen aus dem Blick zu verlieren. "Begleitet" wird sie neben ihrem Sohn Bobby, von Rasa - einer Flüchtlingshelferin, Caroline - der Schwester eines guten Freundes, einer Pfadfindergruppe, einer Familie aus Holland und zahlreichen anderen Pilgern aus aller Welt. Und ein jeder von ihnen trägt seine eigene Geschichte und eigene Erfahrungen im Gepäck. 

 

Mir hat das Buch Lust auf mehr gemacht. Lust aufs Reisen, Lust auf eine Pilgerwanderung, Lust auf eine Reise zu mir selbst. Ganz eindrücklich ist mir der Satz im Gedächtnis geblieben: "Lassen Sie uns zuerst einmal Abbie zurückholen." Im Trubel des Alltags verlieren wir uns gern selbst aus dem Blick, kümmern uns zuerst um andere, wollen alles richtig machen, und machen doch oft kleine und große Fehler. Einmal den Fokus ganz auf sich richten dürfen, ohne gleich als egoistisch zu gelten, hat mir Mut gemacht. Und irgendwie fühle ich mich mit allen Figuren sehr verbunden. 

 

Obwohl die Geschichte schwere Themen wie zum Beispiel Traumatisierung, Verlust und persönliches Scheitern aufgreift, macht sie Mut und Hoffnung. Wir können es besser machen, es ist nie zu spät und in allem Chaos kann auch Schönes entstehen. 

 

"Im Gepäck das Leben" ist als deutsche Ausgabe 2021 im FRANCKE Verlag erschienen. Das Original erschien schon 2020 unter dem Titel "The promised Land". Es hat 27 Kapitel auf 368 Seiten und ich mag das Cover sehr. Es zeigt vermutlich Abbie, wie sie beim Pilgern auf einem Berg verweilt und in die Ferne schaut.

Einen einzigen kleinen Kritikpunkt habe ich. Die Namen sind manchmal wirklich verwirrend. Brett, Bill und Bobby, Jean-Claude und Jean-Paul, und dann auch noch die Fülle an Figuren machen es dem Leser nicht immer leicht. Selbst wenn die Kapitel immer mit der "sprechenden" Person eingeführt werden. Die Geschichte wird aus einer Multiperspektive erzählt, auch wenn Abbie die Person ist, die alle miteinander verbindet.    

Am liebsten mochte ich Bobby und seine Großmutter Swannee. Die zwei sind einfach so herzlich und liebenswert.

 

Fazit:

Schließen möchte ich mit Abbies Worten, weil ich es besser einfach nicht sagen kann: "Wir erfreuen uns an den guten Dingen, die das Leben auf dem Jakobsweg einem schenkt: Verlust und Liebe, Glaube und Gemeinschaft, Schmerz und Ausdauer und eine Handvoll Wunder."

Sich gemeinsam den Herausforderungen des Lebens stellen: DAS lehrt uns dieses Buch. Es ist nicht nur eine Geschichte, sondern viel mehr als das, wenn man sich darauf einlässt. Wir alle sind Flüchtlinge und auf der Reise unseres Lebens. Das sollten wir nie vergessen. Meine absolute Leseempfehlung!