Rezension

Die Fortsetzung lässt auf einen grandiosen Abschluss der Trilogie hoffen.

Edelherb - Gabrielle Zevin

Edelherb
von Gabrielle Zevin

Wins Vater, mittlerweile New Yorks Oberstaatsanwalt, macht seine Drohung wahr. Er ist nicht bereit, die Beziehung zwischen Anya und seinem Sohn zu tolerieren. Aus diesem Grund findet sich Anya wieder einmal in der Erziehungsanstalt “Liberty” wieder. Doch sie ist eine Kämpferin, gibt sich nicht einfach geschlagen und lässt sich vor allem nicht brechen. Aus diesem Grund entschließt sie sich zu einer Flucht nach Mexiko. Sie nimmt eine neue Identität an und lernt auf einer Plantage alles über den Kakaoanbau und die Schokoladenherstellung. Das Leben dort ist kaum zu vergleichen mit dem urbanen Leben in New York.

Es dauert nicht lange, bis Anya sich an das Leben auf der Plantage und die Menschen dort gewöhnt, doch auch dort kann sie nicht vor ihrer wahren Identität fliehen. Diese Erkenntnis lastet schwer auf ihr, denn nur wenige Menschen kennen Anyas Geschichte. Wem kann sie also noch trauen, und wie lassen sich die Probleme in New York regeln? Nicht nur die Zukunft mit Win steht unter einem schlechten Stern, sondern auch die Zukunft des Kartells. Wird Anya tatsächlich in die Fußstapfen ihres Vaters treten? Denn plötzlich will sie mit ihrem neu erworbenen Wissen ihre ganz eigene, außergewöhnliche Vision umsetzen.

Der zweite Band der Birthright -Trilogie zeigt sich im Vergleich zu seinem eher durchschnittlichen Vorgänger trotz gelegentlicher Längen deutlich ereignisreicher und spannender. Natürlich ist die Liebesgeschichte zwischen Anya und Win immer noch ein essenzieller Bestandteil der Handlung, doch gleichzeitig dreht sich immer mehr um den Schokoladenhandel und das Kartell. Anya empfand ich in diesem Teil als deutlich sympathischer, da sich herausstellt, dass sie einmal eine gute Geschäftsfrau wird und bereits in ihren jungen Jahren eine große Visionärin ist. Das erkennen allerdings nicht nur ihre Vertrauten, sondern auch ihre Kontrahenten. Fast alle Handlungsträger durchleben in diesem Band eine persönliche Metamorphose, wodurch das vorher gewonnene Bild des Lesers gehörig ins Wanken gerät und plötzlich gar nicht mehr so klar erkennbar ist, wer auf welcher Seite steht. Außerdem werden einige neue Charaktere in die Handlung eingeführt. In dieser Hinsicht spielt Gabrielle Zevin regelrecht mit ihren Lesern. Es wird bereits jetzt deutlich, dass im dritten Band nichts unmöglich ist.

In diesem Band faszinierte mich besonders Anyas Entwicklung. In Bitterzart wurde sie zwar einerseits als sehr erwachsen beschrieben, doch wurde gleichzeitig deutlich, dass sie die Verantwortung als Familienoberhaupt kaum bewältigen konnte. Sie war oft nicht in der Lage abzuschätzen, wann ihre Geschwister tatsächlich eine führende Hand benötigen. Nun im zweiten Band ist Natty deutlich gereift. Eine Situation, mit der sich Anya erst einmal abfinden muss. Gleichzeitig eröffnen sich ihr jedoch dadurch ungeahnte Möglichkeiten: Nachdem sie das Schokoladengeschäft in Mexiko kennen- und lieben gelernt hat und somit auch ihre Wurzeln akzeptiert, hindert sie in New York nichts mehr daran, ihre Visionen in die Tat umzusetzen.

Durch die deutlichen Weiterentwicklungen der Charaktere schafft Gabrielle Zevin es immer wieder erfolgreich, nach kleineren Längen einen Spannungsbogen aufzubauen, dank dem ihre Leser an einigen Stellen nur so durch die Seiten fliegen. Mit den letzten Seiten dieses Bandes liefert sie einen Cliffhanger aus dem Lehrbuch und verschafft ihren Lesern endlich das Herzklopfen, das in Bitterzart so häufig fehlte. Ich bin sehr gespannt, was uns im finalen Band erwartet und hoffe auf ein fulminantes Ende.