Rezension

Die Frage, wer man denn eigentlich ist.

Ein unmögliches Leben - Andrew Sean Greer

Ein unmögliches Leben
von Andrew Sean Greer

Bewertet mit 3 Sternen

"Es heißt, es gebe viele Welten. Rings um die eigene, dicht gepackt wie die Zellen unseres Herzens. Jede mit ihrer eigenen Logik, ihrer eigenen Physik, ihren Monden und Sternen." (S. 46)

Im Jahr 1985 lebt Greta ihr Leben in New York. Ihre Eltern sind schon tot und ihr Zwillingsbruder stirbt an Aids. Durch die Pflege des Bruders vernachlässigt sie mehr und mehr ihre langjährige Beziehung zu Nathan, bis dieser sie schließlich für eine andere Frau verlässt.Greta stürzt in eine tiefe Depression und beginnt eine Elektroschocktherapie, die ungeahnte Folgen hat. Durch diese gelangt sie regelmäßig in andere Wirklichkeiten ihres Lebens in den Jahren 1918 und 1941, bis sie wieder in ihrer eigenen Realität 1985 landet.
In allen Versionen ihres Lebens strebt sie nach Glück und Perfektion. Doch ist das überhaupt möglich?
In jeder Realität trifft sie die wichtigsten Menschen aus ihrem Leben wieder: Den Zwillingsbruder Felix, ihre Tante Ruth, Nathan, den Geliebten. Doch trotzdem zeichnet Andrew Sean Greer sanft verschiedene Charaktere. Die Versionen von Felix, RuthNathan und dem Geliebten unterscheiden sich in kleinen Details oder auch offensichtlichen Verhaltensweisen voneinander.
Der Autor schreibt  anspruchsvoll und zugleich poetisch. Viele seiner Sätze haben in mir nachgehallt und mich zum Nachdenken gebracht. Ohne dass es künstlich wirkt, ist das Buch sehr philosophisch.

Was macht Greta als "sie selbst" aus?
Welche Frau möchte sie sein? Die von 1918, 1941 oder 1985?
Inwiefern entscheidet die Zeit, in die wir hineingeboren sind, über unseren Charakter?

Viele Fragen werden aufgeworfen, einige auch geklärt. Bewundernswert finde ich, wie man all das in eine so einfallsreiche Geschichte packen konnte...
"Ein unmögliches Leben": Ein gefühlvolles Buch, eine einfallsreiche Geschichte über das Leben und viel Stoff zum Nachdenken. Ein großartiges Buch, dass man unbedingt gelesen haben muss!
Wem Kate Atkinsons "Die Unvollendete" gefallen hat, wird wohl auch "Ein unmögliches Leben" mögen. Von der Grundidee her sehr ähnlich, aber dann doch wieder ganz anders...