Rezension

Die Jagd beginnt

Die Tochter des Granden
von Karl May

Bewertet mit 5 Sternen

Als Dr. Karl Sternau von seiner geheimnisvollen Geliebten nach Spanien gerufen wird,  weiß er noch nicht, dass Rodriganda sein Schicksal werden wird. Er muss nicht nur feststellen, dass Rosita keineswegs die Gesellschafterin der Gräfin von Rodriganda ist, sondern diese selbst, er findet auch heraus, dass der Graf, zu dessen Heilung er gerufen wurde, in großer Gefahr schwebt. Sternau kommt den Ränken, die der Verwalter Gasparino Cortejo seit Jahren schmiedet, empfindlich in die Quere. Dabei reichen die Geheimnisse weit in die Vergangenheit und Sternau ist weit mehr in sie verwickelt als er sich träumen lassen würde.

 

Mord, Kindsvertauschung, Räuber, Zigeuner, Piraten, Indianer und Sultane; Spanien, Frankreich, Deutschland, Nord- und Südamerika, Indien und Afrika – Karl May fährt in seinem groß angelegten Abenteuerroman alles auf, was das Genre zu bieten hat und schafft es bei diesem Spektrum an Erzählsträngen und dem umfangreichen Figurenpersonal jederzeit den Überblick zu behalten. Die Geschichte um die spanische Adelsfamilie Rodriganda wächst zu einer Verbrecherjagd aus, die tatsächlich rund um die Welt führt. Geschickt spinnt Karl May heute vergessene historische Ereignisse in sein Abenteuer und gibt ihm damit einen ganz besonderen Glanz.

 

Eines meiner liebsten Werke meines Lieblingsschriftstellers. „Das Waldröschen“ – aus einen kitschigen, ihm vordiktierten Titel, entwickelte Karl May ein beeindruckendes Abenteuer, das so gar nichts mit den Vorstellungen seines Auftraggebers Münchmeyer zu tun hatte, aber nichts destotrotz schon damals ein Riesenerfolg war. Für mich hat die Geschichte bis heute nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Lebendige Charaktere, beeindruckende Ränke, unglaubliche Ereignisse, nie erlebte, vielseitige Schauplätze gewürzt mit vergessenen, historischen Fakten so hält Karl May den Leser über mehrere 1000 Seiten in Atem. Erstaunlich ist, dass er keinen Erzählstrang offen lässt. Ich erinnere mich nur an einen einzigen Satz im ersten Band, der nicht eingelöst wird – und der ist dermaßen nichtig, dass er nicht auffällt.

Jedem Freund von Abenteuerromanen sei diese „Verfolgung rund um die Erde“ (so der Untertitel des Buches) ans Herz gelegt. Man trifft typische Karl-May-Szenen wie sie später in seinen Wildwestromanen an der Tagesordnung sein werden und erfrischend unverbrauchte Einfälle. Einige Elemente sind typische Bestandteile der Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts, doch da sie derzeit kaum noch eingesetzt werden, faszinieren sie den Leser von heute so als seien sie neu.

Jedes Jahr wird dieser Abenteuerroman wieder von mir in die Hand genommen und immer wieder reißt er mich mit. Karl May hatte keinen Grund sich seiner zu schämen!

Abenteuerliteratur vom Feinsten!