Rezension

Die Kapitel meines Herzens

Die Kapitel meines Herzens - Catherine Lowell

Die Kapitel meines Herzens
von Catherine Lowell

Eins hat dieser Roman geschafft: ich habe mich wieder für die Brontë Schwestern interessiert. Allerdings hat es mir die Protagonistin Sam nicht einfach gemacht. Manche Dinge gefielen mir sehr gut, andere Szenen rissen an meinem Geduldsfaden und ich dachte, ich würde das Buch zuschlagen. Immer wieder gab ich den „Kapitel meines  Herzens“ eine zweite Chance.

Fangen wir damit an, dass Sam wirklich eine sehr, sehr nervige Person ist. Sie ist immer dagegen und hasst ihren Familienstammbaum. Sie ist sehr schnippisch, meint immer Recht zu haben und will das letzte Wort haben. Was mich an ihrer Einstellung stört und was mit ihrer Charakterzeichnung nicht zusammen passt, ist, dass der Stammbaum ihr egal ist, aber sie es trotzdem ausnutzt. Es ist immer in ihrem Hinterkopf und wenn sie meint, es ausspielen zu müssen, ist es ihr Joker. In anderen Szenen meint sie, ihr Gegenüber müsste darauf anspielen. Wenn es dann nicht passiert, ist sie schockiert und eingeschnappt. Erwachsenes Verhalten ist anders.

Dieses ewige hin und her macht mich müde. Ihr Professor will ihr keine Vorschusslorbeeren verpassen, aber wenn es im Oxford College wirklich so abläuft, habe ich keinen Zweifel daran, dass ich auch schnippisch wäre. Dauernd stellt er ihr die Frage „Warum?“, lässt sie genau die Aufgabe machen, die sie hasst. Umgekehrte Psychologie – aber Sam bemerkt diese Taktik gar nicht.

Die Spannung wird nur dadurch gesteigert, dass es eine Art Schnitzeljagd gibt, die ihr toter Vater organisiert hat. Der Leser ahnt bereits viel früher, dass etwas nicht stimmt. Denn welche Studentin wird in einen kalten Turm gesperrt? Während wir die Wortgefechte zwischen Sam und ihrem Professor verfolgen, wird klar, dass er noch eine große Rolle spielen wird. Und man könnte davon ausgehen, dass es knistert. Das Knistern ist sehr, sehr klein und sorgt für keine Spannung.

Das Wissen, das ich über die Brontë Schwestern erhalte, sind kleine Brocken, die ich aber sehr interessant fand. Auch Sams Vater war Schriftsteller. Das Wort, die Geschichte und Sams Gedanken sprechen alle für die Literatur und das ist schön. Beim Lesen dachte ich daran, dass ich mein Literaturwissenschaftsstudium wirklich mochte, den Worte sind Leben. Dieser Gedanken hält mich dazu an, weiterzulesen.

Das Ende, kitschig und recht holprig, ist keine Überraschung. Wäre Sam kompakter angelegt gewesen und hätte manchmal den Mund gehalten, wäre der Spannungsbogen runder gewesen. Die Augen öffnete sie selten und will eigentlich alles selber machen, dennoch treffen die Entscheidungen andere.