Rezension

Die Tage der Dunkelheit

Odins Söhne - Harald Gilbers

Odins Söhne
von Harald Gilbers

„Germania“, der Ende 2013 erschienene Debütroman des Autors und Historikers Harald Gilbers war für mich eine äußerst positive Überraschung, und mit entsprechend hohen Erwartungen bin ich an die Lektüre des Nachfolgers „Odins Söhne“ herangegangen. Um es gleich vorweg zu nehmen, ich wurde nicht enttäuscht.

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1945, das Ende der Nationalsozialisten ist nahe. Doch noch immer leben die Menschen in Angst und Schrecken vor der Brutalität und Willkür von Hitlers Schergen. Noch immer wird mit Regimegegnern kurzer Prozess gemacht und Juden verfolgt und in Konzentrationslagern zu Tode gequält. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Richard Oppenheimer, ehemals erfolgreicher Kommissar der Berliner Polizei, aber aufgrund seiner jüdischen Herkunft aus dem Dienst entlassen, sein Dasein im Untergrund fristet. Er kommt zwar mit  Schwarzmarktgeschäften über die Runden kommt, aber die Angst vor Entdeckung und Deportation ist groß. Glücklicherweise erhält er von seiner guten Freundin Hilde, einer Widerstandskämpferin mit guten Beziehungen, Unterstützung in Form neuer Papiere.

Aber dann kehren sich die Verhältnisse um, denn Hilde wird von der Gestapo verhaftet. Sie steht unter Verdacht, ihren Ex-Ehemann SS-Hauptsturmführer Erich Hauser ermordet zu haben, ein Nazi-Scherge wie er im Buche steht: Lagerarzt in eine Konzentrationslager, skrupellos im Umgang mit den Gefangenen, die er für menschenverachtende Experimente missbraucht. Den drohenden Untergang des Dritten Reiches vor Augen, wollte er sich offenbar absetzen. Und weil man für einen Neuanfang finanzielle Mittel braucht, hatte er größere Mengen Morphium gestohlen, die er auf dem Schwarzmarkt verkaufen wollte.

Nun gilt es für Kommissar Oppenheimer. Er muss Hildes Unschuld beweisen und unter allen Umständen verhindern, dass sie vor Gericht gestellt wird, denn das wäre ihr sicherer Tod. Und so nimmt er die Ermittlungen auf, immer in Gefahr, sein eigenes Leben dafür in die Waagschale zu werfen…

Wie bereits in dem Vorgänger „Germania“ punktet der Harald Gilbers in „Odins Söhne“ einmal mehr durch seine stimmigen Beschreibungen. Es sind die Tage der Dunkelheit, die letzten Wochen vor Kriegsende in Berlin. Die Stadt zerstört und im anhaltenden Bombenhagel, die Menschen ohne Hoffnung, jeden neuen Tag um ihr Leben fürchtend - eine dunkle Zeit, geprägt von Mangel und Angst. Auf der anderen Seite die Nazis und ihre Unterstützer, skrupellos und ohne Hemmungen ihre Macht missbrauchend, selbst oder gerade mit dem drohenden Untergang vor Augen. Es ist keine Fiktion, die der Autor beschreibt, man merkt die intensive Recherchearbeit in jedem Satz. Er belegt seine Schilderungen mit Quellen - ein Historiker, der sich der Wahrheit verpflichtet fühlt.

„Odins Söhne“ - ein gehaltvolle Roman, nicht nur für historisch Interessierte, dem ich viele Leser wünsche!