Rezension

Dunkle Zeiten

Alles Licht, das wir nicht sehen - Anthony Doerr

Alles Licht, das wir nicht sehen
von Anthony Doerr

Marie-Laure und Werner kommen aus unterschiedlichen Welten. Marie-Laure lebt in Paris. Das Mädchen ist blind und wächst als Halbwaise bei ihrem Vaters auf, der nach Möglichkeiten versucht, ihr den Alltag zu erleichtern, sie aber ebenso fördert. Werner lebt mit seiner Schwester Jutta in einem Waisenhaus in Essen. Beiden gemein ist die Liebe zum Radio und die Tendenz, Dinge zu hinterfragen. Als 1939 der zweite Weltkrieg ausbricht, ändert sich alles für die beiden.

Das Radio wird hier zum roten Faden der Erzählung. In Anbetracht der Zeit, in der die Geschichte spielt, ist das wenig verwunderlich, denn zur Zeit der Weimarer Republik und des zweiten Weltkriegs war das Radio, oder der so vielfach bezeichnete Volksempfänger, das Hauptmedium für Information und leider auch Indoktrination.

Anthony Doerr erzählt die Geschichten seiner Protagonisten sehr differenziert, was es dem Leser ermöglicht, die Beweggründe sowohl von Marie als auch von Werner nachzuvollziehen, auch wenn man sich manchmal wünscht, sie würden anders handeln. Dadurch, dass Doerr seine Charaktere aber wie Menschen handeln lässt und nicht wie Romanfiguren wird die Geschichte aber stimmig. Ebenso werden die Schrecken der damaligen Zeit nicht ausgelassen. Gerade, weil nichts beschönigt wird, ist das Leseerlebnis aber umso intensiver. Trotzdem gibt es sie in der Geschichte, die hellen Momente, die durch das Dunkel von Gewalt durchscheinen und so trägt „Alles Licht, das wir nicht sehen“ seinen Titel völlig zurecht.