Rezension

Ein beeindruckender Roman, der lange nachklingt

Das Haus des Windes - Louise Erdrich

Das Haus des Windes
von Louise Erdrich

Bewertet mit 5 Sternen

~~Joe lebt in einer privilegierten indianischen Familie, beide Eltern haben Jobs bei der Stammesbehörde, er wächst in einer liebevollen und behüteten Umgebung auf. Er bewundert seinen Vater, einen Stammesrichter, den er für einflussreich und gerecht hält. Er steht inmitten der Pubertät und zusammen mit seinen Freunden, träumt er von Mädchen und vor allem vom Busen seiner Tante Sonja. Alles ist im Umbruch und seine Welt stürzt zusammen, als seine Mutter angegriffen und schwer verletzt wird. Es war nicht nur eine Vergewaltigung, der Täter versuchte sie zu verbrennen und mit letzter Kraft gelang der Mutter die Flucht. Sie zieht sich daraufhin traumatisiert und sprachlos in sich zurück.
Joe muss erkennen, dass Stammesangelegenheiten die Behörden nicht interessieren und da der Täter ein Weißer war, ist weder das FBI, noch die Polizei übermäßig engagiert. Nun beginnt Joe, zusammen mit seinen Freunden selbst nach Spuren zu suchen.
Louise Erdrich ist durch ihre indianischen Vorfahren selbst der Welt der amerikanischen Ureinwohner sehr nahe. Sie schildert das Leben im Reservat, mit all seinen Einschränkungen und Ungerechtigkeiten, aber auch der Verbundenheit der Stammesmitglieder, ihren Erzählungen und Liedern und alten Überlieferungen. Mit der Figur des uralten Mooshum gibt sie diesem Teil eine lebhafte und anrührende, manchmal auch schreiend komische Stimme. Wie überhaupt ein immer wieder Witz und Situationskomik aus der Sicht von Joe und seinen Freunden, die eindringliche Geschichte begleiten. Tragik und Witz liegen im Leben manchmal sehr nahe beieinander. Joe, inmitten der Pubertät, träumt nicht nur lebhaft von seiner Tante Sonja, er trifft sich mit seinen Freunden zum heimlichen Rauchen und auch der bigotte, frömmlerische katholische Priester wird Zielscheibe ihrer Streiche. So kann sich Cappy nach einer angeblichen Bekehrung und Beichte nur mit Not und Schnelligkeit aus dem Beichtstuhl retten.
Alle Figuren des Romans haben sofort zu mir gesprochen, sie sind lebendig und echt, das macht für mich die Faszination dieses großartigen Buches aus. Liebevoll schildert die Autorin selbst Nebenfiguren und ihr Schicksal. Oft sind es grade diese kleinen Begebenheiten, die besonders eindrücklich im Gedächtnis bleiben.
Louise Erdrichs Sprache ist schnörkellos und unmittelbar, man kann sich dem Sog nicht entziehen, den die Geschichte entwickelt.
Das Haus des Windes ist eindrücklicher Roman, der mich über die unmittelbare Lektüre hinaus, weiter beschäftigt und der auch moralische Fragen aufwirft zu Recht und Gerechtigkeit.