Rezension

Ein Buch, das mit in die Vergangenheit nimmt

Die Hölle war der Preis - Hera Lind

Die Hölle war der Preis
von Hera Lind

Bewertet mit 4 Sternen

Das Buch öffnet eine Tür zu einer Vergangenheit, die unangenehm ist und – zumindest für mich – bisher unbekannt war.

Das Buch wartet nicht mit actionreichen Spionageszenen auf, überrascht nicht nach jedem Kapitel mit einer neuen unerwarteten Wendung und dehnt den Spannungsbogen nicht bis er zu zerreißen droht. Stattdessen öffnet das Buch eine Tür zu einer Vergangenheit, die unangenehm ist und – zumindest für mich – bisher unbekannt war. Hera Lind erzählt von einem jungen Pärchen, das in den 70er Jahren der DDR den Rücken kehren und im Westen leben will. Doch ihr Fluchtversuch scheitert und fortan durchleben sie in einem Gefängnis nach dem anderen die Hölle auf Erden. Sie werden immer unmenschlicher behandelt, während ihre Kraft und Hoffnung zunehmend schwindet.

Ich habe schnell in die Geschichte hineingefunden. Die Abneigung und die Angst der Protagonistin gegen und vor der DDR, waren von Anfang an spürbar. Es ist nachvollziehbar, warum sie das Land verlassen will, auch wenn ich nicht weiß, ob es mir selbst das Risiko wert gewesen wäre. Aber mit der gescheiterter Flucht wird das Buch erst wirklich interessant. Denn mit der Gefangennahme wird der Staat aktiv und tatsächlich präsent. Vorher erfuhr man als Leser lediglich aus Berichten der Protagonistin von dessen Handlungen, jetzt ist man praktisch direkt dabei und kann sich unabhängig von der Hauptfigur der Geschichte eine Meinung bilden.

Die Geschichte erzählt brutal ehrlich was die Protagonistin als politische Gefangene der DDR erleiden musste und gibt mir so Einblicke, von denen ich zuvor keine Ahnung hatte. Geboren im Westen und nach dem Mauerfall kenne ich zwar die jüngere deutsche Geschichte, aber es ist ein enormer Unterschied, ob man sie im Geschichtsunterricht lernt oder durch den Erfahrungsbericht einer einzelnen Person, die eben diese Geschichte am eigenen Leib erfahren musste. Das faszinierte und fesselte mich an das Buch.

Die Geschichte vermittelt sehr gut, wie ausweglos, verzweifelt und gedemütigt die Protagonistin sich fühlen muss. Die Erzählung erlaubt mir mitzufühlen und mit zu hoffen. Nur hätte ich mir hin und wieder etwas mehr Abwechslung gewünscht. Zwar gibt es im Buch hin und wieder Zeitsprünge, aber der Großteil wird doch recht gleichförmig dahin erzählt. Wenn ich jetzt am Ende an den Verlauf der Geschichte zurückdenke, erscheint mir die Zeit, als Gisa und Ed noch zweifelten ob sie überhaupt einen Fluchtversuch wagen sollten, so unendlich lange her, wie es sich auch für die Protagonisten anfühlen musste. Die Autorin hat wirklich gut rüber gebracht, was für ein langwieriger Kampf der Weg in den Westen gewesen war. Nicht immer war die Erzählung dabei tempo- und abwechslungsreich, manchmal zog sich die Geschichte unangenehm – aber irgendwie passt das ja auch zum Buch.