Rezension

Ein ehrenwertes rosa Haus

Blassrosa oder die geheime Taktik des Monsieur F - Tharina Wagner

Blassrosa oder die geheime Taktik des Monsieur F
von Tharina Wagner

Bewertet mit 4 Sternen

"Dienstag, heiter bis wolkig:"

Wenn ich eins furchtbar finde, dann ist es Pink. Also nicht P!nk… wie in Sängerin Alecia Beth Moore, sondern Barbie-Rosa-Pink-Pink. Und dann wird ausgerechnet mir, Verfechterin der grünen Hautfarbe und roten Haare ‚Blassrosa‘ empfohlen. Warum ich es doch gelesen habe und weshalb blassrosa d’accord ist mit mir? Das erfahrt ihr in der Rezension.

Fangen wir mit dem Cover an. Es zeigt ein Haus. Und das ist auch schon der ganze Zauber. Denn die Außenwandfarbe ist: blassrosa. Da würde ich ja niemals freiwillig einziehen wollen. Andere aber schon.
Und alles beginnt mit Schweiß, Schmutz und Schmeißfliegen. Mit anderen Worten: Im Gefängnis. Ja, auch europäische Länder wie Frankreich haben Gefängnisse. Und da läuft das gar nicht so anders ab wie man es aus Hollywood kennt. Die Kerle da spielen Glücksspiele, der eine verliert, der andere gewinnt ein Haus. Und wenn der andere entlassen wird, dann steht er einsam und ungeliebt aber zurück in der Freiheit auf der Straße.

Der Fuchs ist eine merkwürdige Figur. Diesem Tier wird besondere Schläue nachgesagt, allzu gewieft stellt er sich aber nicht an. Auch wenn es erst einmal gut anfängt und er das Haus laienhaft renoviert. Dann jedoch holt er sich Mieter rein. Und das Haus im Buch ist wesentlich größer als das auf dem Buch Abgebildete.
Wir haben: Die Fondants (Mutter, Vater, Tochter); Jim und Tibou; die alte Madame Bontcho; und Jennifer. Später haben wir Jim nicht mehr aber dafür Layana. Weiter noch wichtig wird der Krämerladen um die Ecke an dem jede dieser Personen mal vorbei kommt. Sei es um zum Jagen zu gehen, zum Park um sich mit dem Schwarm zu treffen, auf dem Weg zur Uni, beim hinterher spionieren oder zum einkaufen an sich.
 

"Dienstag, immer noch heiter:"

Mir blieb der Verdacht nicht unbegründet, hier dieses Label: ‚französisch‘ zu vergeben. Aber was soll das heißen? Nun, es heißt es ist verzerrt anders. Charmant und ein wenig poetisch, geprägt von moralischen Ansätzen, vielleicht sogar Philosophie. So wie die fabelhafte Welt der Amelié. Absatzlos springen wir von einem Bewohner des Hauses zum anderen, was manchmal schwer nachzuvollziehen ist. Haben dadurch aber dieses Effekt, dass der allwissende Erzähler uns wirklich über jede Macke, Verschrobenheit und jeden Tic aufklärt. Ich mag das. Als Leser hat man das Gefühl Mäuschen spielen zu können und eine exklusiv Führung zu erhalten.

Man möchte, wie der Vermieter, die nicht zahlenden Mieter schütteln und rügen, leidet mit der Pubertät und den Frühlingsgefühlen, der Einsamkeit der alten Dame und des Vermieters, freut sich, dass die Kriminellen sich aufrappeln wollen, ist enttäuscht.
Vor allem war ich enttäuscht - nicht vom Buch - von den Charakteren. Nicht wie sie beschrieben sind, sondern weil sie sich so verhalten wie sie es tun. Sagt euch ‚Schulz von Thun‘ etwas? Nein? Dann solltet ihr das mal ändern. Layana hat das schön auf den Punkt gebracht: „Sie spricht viel, sagt aber nichts.“ Hier reden die Leute, wie immer in der guten Nachbarschaft. Die Ärzte und auch Udo Jürgens haben dazu wundervolle Lieder geschrieben: ‚Lasse reden’ & ‚Ein ehrenwertes Haus‘; die sich damit beschäftigen, was die Leute aus Gesehenem und Gehörtem anstellen und weitertratschen. Jeder der Nachbarn hat kennt das in mehr oder weniger ausgeprägter Anfeindung.

So gut wie jeder Dialog geht hier hinten heraus schief. Es beginnt mit dem Fuchs, wir erinnern uns: einsam und ungeliebt, der ganz gern glauben möchte, dass irgendwann doch die Geheimpolizei wieder bei ihm vor der Tür steht. Wieso kann ich nicht recht nachvollziehen, denn er scheint ja momentan nichts anzustellen. Doch ihn plagen eben Zweifel, so ist es nicht verwunderlich: er beginnt ein Tagebuch zu schreiben in dem er die Gedanken und Vermutungen über seine Mitmenschen festhält. Auch die anderen verschrobenen Figuren bilden sich ihre Meinungen und daraus resultieren Vorurteile, Missverständnisse und Argwohn. Als Leser kann man sich sicher sein, dass das hier nicht gut gehen kann.
 

Fazit

Satte 185 Fussnoten bringt das Buch mit. Denn die Charaktere sprechen ganz gern mal, wie es sich für einen in Frankreich spielenden Roman gehört, französisch. Ich bin glücklich, ich brauchte sie kaum. Die meisten Begriffe kannte ich tatsächlich - eingerostet aber nicht vergessen.
Ich bin im Nachhinein wirklich froh, dass man mir dieses Werk empfohlen hat. Da hat jemand gut aufgepasst. Es ist ja wirklich etwas für mich. Doch persönliche Empfehlungen sind ja eher selten. Was euch nun also betrifft, fragt ihr euch: ist das was für mich? Dann fragt euch: Mögt ihr Filme wie: Das Grande Budapest Hotel? Dann ja, ist das Buch eine LightVersion der dort gebotenen Raffinesse.
Dieses Buch hat Stil. Die Erzählweise ist jedoch gewöhnungsbedürftig und eindeutig keine Meterware.

Na lustig, ich stelle gerade fest, meine Auskünfte über das Buch, hat irgendjemand Kluges schon passend zum entsprechenden Klappentext formuliert. Was mich betrifft kann ich dadurch sagen: Das Buch hält was es verspricht: proved.
Abschließend blieben ein paar Fragen offen wie zum Beispiel: Was ist aus dem Erpel im Gefrierfach geworden? Ohne Spoiler kann ich das Ende nicht kritisieren. Deshalb sage ich nur, es hat mich überrascht, leider nicht nur positiv, es erscheint mir logisch. Dennoch kommt es mir vor, als ob es zu abrupt ist. Eine perfekte Pointe, die aber nicht gut genug ausgeführt wurde. Sollte ich das Ganze lieber noch einmal lesen, diesmal mit dem Wissen über welches ich nun verfüge? Oder bleibt es geheim?

Urteil: Eine reizende Lektüre.