Rezension

Ein ehrlicher Bericht - schonungslos

Mein Lollimädchen-Ich - Christina Helmis

Mein Lollimädchen-Ich
von Christina Helmis

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ich muss zugeben, dass mich das Cover und der Titel etwas abgeschreckt hat. Vor allem aber hat es mir einen völlig falschen ersten Eindruck von der Qualität des Buches vermittelt. Es handelt sich um einen ehrlichen, aber recht schonungslosen Bericht einer Magersüchtigen. Sie beschreibt sehr selbstreflexiv den rasanten Weg in die Anotexie und den unermüdlichen Kampf, wieder aus dem Teufelskreis ins Leben zurück zu kommen.

Ich bin sehr angenehm überrascht worden von diesem Buch. Es beschreibt den Klinikaufenthalt sehr realistisch und doch mit einer gewissen Distanz, die akut Betroffenen oft fehlt. Auch sind die Beschreibungen nicht wertend. Es kommt sehr gut heraus, dass jede Klinik ihr eigenes Konzept hat und es letztlich einem selbst überlassen ist,  was man sich zunutze macht bzw. machen kann, und was nicht.

Christina Helmis ist eine von vielen, dennoch hat sie Kraft ihres liebevollen Umfeldes recht schnell begriffen, wer ihre Gegnerin ist und ihr den Kampf angesagt. Sie wird ein Leben lang gefährdet bleiben, aber sie hat nun Werkzeuge in der Hand, die es ihr ermöglichen, die ersten Warnsignale zu erkennen und dagegen zu steuern.

Es werden hier und da Tricks und Abnehmtechniken beschrieben (meist von anderen als der Autorin praktiziert), die eine Einschränkung der Leseempfehlung notwendig machen. Akut Betroffene sollten das Buch nicht unbedingt lesen, da es triggern kann. Andererseits könnte ein Blick in den Klinikalltag gerade diesen Menschen helfen, Ängste abzubauen. Für Angehörige und an dem Thema Interessierte sowie Ehemalige ist das Buch auf jeden Fall uneingeschränkt empfehlenswert.