Rezension

Ein etwas anderer Zeitreiseroman

Troubadour - Christoph Görg

Troubadour
von Christoph Görg

Bewertet mit 5 Sternen

„...Wenn ich etwas gelernt habe aus meinem Zug ins Morgenland, dann dies: ein freier Mann, der seine Familie, sein Land und seine Heimat verteidigt, ist doppelt so viel Wert wie jeder Ritter, der all das angreift...“

 

Niki Wolff, 19 Jahre, ist mit einer Flasche Wein auf den Weg zur Burg Dürnstein. Dort will er seinen Erinnerungen frönen. Am heutigen Tag heiratet seine große Liebe. Auf dem glitschigen Boden an der Ruine kommt er ins Rutschen und stürzt den Burgberg herab.

Als er erwacht, stehen vor ihm zwei Jugendliche mit einem Leiterwagen. Zuerst fragt Niki nach seinem Auto. Als er das Mädchen packt und anschreit, zieht ihm der Junge einen Knüppel über den Kopf. Erneut erwacht Niki, dieses Mal ohne Schwindel, ohne Kopfschmerzen, aber auch ohne Erinnerung. Die beiden nehmen ihn mit. Engel, das Mädchen, behandelt seine Wunde. Dann muss er sich auf der Burg melden. Niki ist ins Jahr 1193 gestolpert. Auf der Burg ist gerade ein prominenter Gefangener: König Richard Löwenherz

Der Autor hat einen spannenden und amüsanten historischen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Sie wird in drei Handlungssträngen erzählt und ist in einen Prolog, drei Teile und einen Epilog gegliedert. Der Prolog endet mit Nikis Sturz. Teil 2 und 3 beginnen mit einer Gegenwartsepisode, dafür entführen mich die letzten Abschnitte von Teil 1 und 2 gedanklich nach England zu Löwensteins Bruder John und seiner Mutter Eleonore. Der Großteil der Handlung spielt allerdings auf Burg Dürnstein und in dem Umland.

Der Schriftstil des Buches ist sehr abwechslungsreich. Im Prolog wird während Nikis Aufstieg in kursiver Schrift das Leben von Richard Löwenherz bis zum Jahre 1192 erzählt. Grundlage dafür bilden die Zeichnungen der historischen Personen entlang des Weges zur Burg.

Die Personen werden gut charakterisiert. Ich möchte mich auf zwei beschränken. Engel ist tochter des Scharfrichters. Nach dem Tode der eltern kümmert sie sich um ihren Bruder Bertram und arbeitet als Bademagd. Allerdings kann sie für ein Mädchen ihrer Zeit ungewöhnlich gut mit Waffen umgehen, kennt sich in der Heilkunst aus und hat ein selbstbewusstes Auftreten.

Richard Löwenherz wird als ein vielschichtiger Charakter dargestellt. Einerseits ist er sich seiner Grausamkeiten während des Kreuzzuges bewusst, achtete sie aber als notwendig. Andererseits beweist er im Gespräch mit Niki eine Menge Humor, wie das folgende Zitat zeigt.

„...Wo immer du herkommst, Nicholas: Bei euch haben eindeutig die Weiber das Sagen!...“

Das Zitat fällt, nachdem Niki Löwenherz erklärt hat, wie im Schach in der Gegenwart die Dame zieht. An anderen Stellen wirkt Löwenherz fast philosophisch.

Ich darf erleben, wie bei Niki ab und an, oft in entscheidenden Momenten, Erinnerungsfetzen aus seinem Gegenwartsleben auftauchen, die der Geschichte ihr besonderes Flair geben. Sie sind kursiv gedruckt, genau wie Nikis Gedanken, an denen er mich teilhaben lässt. Auch sie sorgen für einen besonderen Humor.

Das Eingangszitat stammt von Ritter Schenk vom Wald. Er ist für die Ausbildung einiger Dorfbewohner und Nikis mit Waffen verantwortlich. Seine humorvolle Ader kommt eher selten zum Tragen. Ein Beispiel aber möchte ich anführen:

„...Ich kenne die Liebe ja in allen Stellungen, aber platonisch ist mir fremd...“

Originelle Wortschöpfungen, gut ausgearbeitete Dialoge, spannende Kampfszenen und vielfältige Informationen über die Zeitverhältnisse machen das Lesen zum Vergnügen.

Die historischen Fakten sind exakt recherchiert. Dass der Autor dem mittelalterlichen Leben seinen humorvollen Stempel aufgedrückt hat, ohne die Grausamkeiten der Zeit auszublenden, ist seine schriftstellerische Freiheit.

Es gäbe noch viel zu dem Buch zu sagen, doch das würde den Rahmen der Rezension sprengen.

Historische Anmerkungen und ein Inhaltsverzeichnis ergänzen den Roman.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat mir ein Stück Geschichte einerseits auf spannende, andererseits auf lockerleichte Art nahe gebracht.