Rezension

"Ein ganz hervorragend gelungener Charakter!"

»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen« - Martin Schörle

»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen«
von Martin Schörle

Bewertet mit 5 Sternen

Cover:
Das Buchcover ziert eine Karikatur eines Mannes. In einem bräunlichen Anzug, farblich abgestimmt zu seinem Aktenkoffer, sitzt er am Schreibtisch. Sein Gesicht strahlt keine Zufriedenheit aus. Auf seiner Aktentasche liegt ein Radiergummi. Dieser spielt eine "kleine Hauptrolle" in dem Theaterstück.

Inhalt:
Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten
"Das Bild zeigt ein lieblos und funktional eingerichtetes Büro, in dem sich im Wesentlichen ein Schreibtisch mit Telefon und Stuhl befinden, dahinter ein alt aussehender offen stehender Aktenschrank mit einigen Ordnern ..."

Dies ist das Büro des Vollblutverwaltungsgenies Hans Fredenbek. Wir bekommen in dem Theaterstück aufs intensivste und voller Überzeugung von Herrn Fredenbek mitgeteilt, warum das Verschwinden eines Radiergummis einem Weltuntergang gleichsteht, erleben einen Einblick in die Weltanschauung des Behördenalltags und den einhergehenden Problemen die es Tag ein Tag aus zu bewältigen gibt. Und während Herr Fredenbek sich seine tiefsten Ängste und Erinnerungen mit uns, dem Publikum, teilt, ist auf seinem Kalender ein mysteriöser Eintrag. Kurze knappe Buchstaben ... und eine Tatsache, Herr Fredenbek ist unverbesserlich.

Einladung zum Klassentreffen
Stellen Sie sich vor Sie sitzen in einem Zug auf dem Weg nach Hause. Sie sind Single, fühlen sich allein und etwas verloren. Dann klingelt ihr Handy und die Stimme einer längst verflossenen Liebe erklingt.

Genau das passiert Marina, als sie am wenigsten damit gerechnet hat. Das Telefonat beinhaltet ein Auf und Ab der Gefühle. Zwischen Lachen und Tränen gibt es noch sehr gespannte Zuhörer.

Fazit: 
War dieses Theaterstück eine buchige Herausforderung? Ich sage ja.
War es eine buchige Überraschung? Definitiv.

Zunächst war ich etwas unsicher ein bzw. zwei Theaterstücke zu lesen. Immerhin war es der Traum des Autors diese beiden Werke zu veröffentlichen. Nach einer kleinen Leseprobe ließ ich mich auf dieses Abenteuer ein. Unvoreingenommen und völlig frei von dem, was mich erwartet.

Ich verlor mich in einem Saal. Vor mir eine ausgeleuchtete Bühne mit roten schweren Samtvorhängen an den Bühnenseiten. Das Publikum sitzt auf seinen gepolsterten Stühlen wartet erwartungsvoll auf den Auftritt des Protagonisten.
Doch bisher sehen sie auf der Bühne nur ein lieblos und funktional eingerichtetes Büro ...

Als Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten einen kabarettesken Monolog zu lesen begann, stellte ich mir die Szenerie wie oben beschrieben vor. Es machte mir das Lesen einfacher und ich konnte mir den einmaligen Auftritt, das Verhalten, die Mimik und Gestik von dem Vollblutverwaltungsgenies Hans Fredenbek viel besser vorstellen.

Dadurch nahm das Theaterstück für mich eine ganz neue Form an. Es war nicht nur ein Herunterlesen mit der Strapazierung meiner Lachmuskeln. Dieser eigenwillige und schon mal sehr kritische Charakter bezog mich, das Publikum, in seine Denkweisen, seine Weltvorstellung mit ein.

Dabei ist das Theaterstück auf der einen Seite sehr humorvoll und auch sarkastisch, gleichzeitig aber auch gefüllt mit kritischen politischen Themen, der PISA-Studie und herrlicher Ambiguität, um es in Worten unseres Herrn Beamten auszudrücken.

Wer hier ein bisschen mit Sachverstand liest wird schnell merken, dass Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten ein kleines Meisterwek einer Schaffenskunst ist.

Ich habe mich wirklich toll unterhalten, aber auch gleichzeitig gefordert gefühlt.

Einzig und allein die grafische Gestaltung würde ich Anregen einmal zu überarbeiten. Denn diese war in dem zweiten Theaterstück, auch wenn es sich hierbei um einen Dialog gehalten hat, wesentlich lesefreundlicher.

Das Ende überraschte mich noch einmal zusehends und macht dieses Thaterstück für mich zu einer klaren Leseempfehlung.

Einladung zum Klassentreffen ist von einer ganz anderen Thematik betroffen. Hier geht es vielmehr um eine Liebesgeschichte. Das Auf und Ab des Lebens, die einen Menschen immer wieder aufs Neue formen. Dieses Theaterstück war eindeutig lesefreundlicher und ich möchte mal sagen "leichtere Kost", dennoch schafft es dieses Stück nicht an den guten Herrn Fredenbek heran.

Wer bis dato noch nicht das Vergnügen hatte Herrn Hans Fredenbek kennenzulernen, dem kann ich nur raten dieses schleunigst nachzuholen.