Rezension

Ein gelungener, spannender, atmosphärischer Krimi aus Lissabon.

Portugiesisches Erbe - Luis Sellano

Portugiesisches Erbe
von Luis Sellano

Bewertet mit 5 Sternen

Anfangs versucht Henrik die Gesamtsituation zu verstehen, in die er hineingeraten war, um entscheiden zu können, ob er das Erbe überhaupt annimmt. Keiner will ihm etwas verraten, was ihn weiterbringen würde. Aber alle, mitunter Gruppen mit entgegengesetzten Interessen, erwarten, dass er sich so verhält, wie sie es von ihm erwarten. Henrik folgt den Hinweisen, die der Onkel ihm hinterlassen hat, und macht in einer längst verlassenen, vor Jahrzehnten abgebrannten Villa einen grausigen Fund.

Hörbuch, ungekürzte Ausgabe, Spieldauer: 9 Stunden und 38 Minuten, gelesen von Richard Barenberg.

Klappentext: „Henrik Falkner weiß kaum, wie ihm geschieht, als er die malerischen Altstadtgassen von Lissabon betritt. Der ehemalige Polizist soll ein geheimnisvolles Erbe antreten: Sein Onkel hat ihm ein Haus samt Antiquitätengeschäft vermacht. Während Henrik mehr und mehr in den Bann der pulsierenden Stadt am Tejo gerät, entdeckt er, dass sein Onkel offenbar über Jahre hinweg Gegenstände gesammelt hat, die mit ungelösten Verbrechen in Verbindung stehen. Und kaum hat Henrik seine ersten Pastéis de Nata genossen, versucht man, ihn umzubringen. Henrik stürzt sich in einen Fall, der sein Leben verändern wird.“

Henrik ist ein sympathischer Mann Mitte dreißig, der sein Päckchen zu tragen hat. Er kennt seinen Onkel nicht, da dieser eine Art persona non grata war, über ihn wurde in der Familie nie gesprochen. Überraschend kam das Erbe auf Henrik zu, der in Deutschland seit paar Jahren vergeblich versucht, seinen Verlust zu verarbeiten. Der Onkel hinterließ ihm u.a. einen Brief, indem er sich als ein Mensch offenbart, der sehr wohl wusste, was Verlust eines geliebten Menschen bedeutet, und rät Henrik, Veränderungen in seinem Leben zuzulassen, das Helle ins Dunkel zu bringen.

Anfangs versucht Henrik die Gesamtsituation zu verstehen, in die er hineingeraten war, um entscheiden zu können, ob er das Erbe überhaupt annimmt. Keiner will ihm etwas verraten, was ihn weiterbringen würde. Aber alle, mitunter Gruppen mit entgegengesetzten Interessen,  erwarten, dass er sich so verhält, wie sie es von ihm erwarten. Henrik folgt den Hinweisen, die der Onkel ihm hinterlassen hat, und macht in einer längst verlassenen, vor Jahrzehnten abgebrannten Villa einen grausigen Fund.

Man ist schon sehr an am Helden dran: Seine Gedankengänge, seine Zweifel, Befürchtungen und Empfindungen werden einem besonders am Anfang oft nahegelegt. Auch warum er nicht mehr in seinem Beruf arbeitet, wie warum die Familie Falkner den Martin so behandelt hatte, wird nach und nach klar.

Das Tempo ist schon hoch. Die Erkundung der Situation wird rasch zu einer Ermittlung. Da überschlagen sich die Ereignisse. Die wenigen Tage, die der Krimi umfasst, sind voll von Gefahren, Mordversuchen, Verfolgungsjagden, aber auch Treffen mit neuen Menschen und ihren mitunter traurigen Lebensgeschichten. Bald wird klar, dass es nicht nur um Henriks Erbe geht. Die Geschichte zieht weitere Kreise zu den Reichen und Mächtigen, zu der Lage der Großunternehmen Portugals uvm.

Es entsteht ein Sog, der die Geschichte nicht eher links liegenlässt, als sie zu Ende ist. Es verbleiben noch einige Fragen offen, eine solide Steilvorlage, die auf die Fortsetzung hoffen lässt.

Man fühlt sich vollends nach Lissabon versetzt. Bei den Erkundungen der Stadt mit ihren engen Sträßchen, verwunschenen Orten, Cafés, etc., die Henrik anfangs macht, ist man gerne dabei. Fernweh packt einen und man kriegt Lust, all die Straßen nochmals in Ruhe abzuwandern, die öffentlichen Plätze und Cafés zu besuchen, die Figuren zu treffen, die im Roman vorkommen.

Von der Mentalität der Menschen bekommt man auch eine gute Portion mit. Auch die Geschichte Portugals, wie die heutigen gesellschaftlich-politischen Themen, sind gekonnt in den Erzählteppich hin eingewebt worden. Organisch fügen sie sich in diese Geschichte und erklären manche Motive der Täter.

Die Handlung ist logisch, gradlinig aufgebaut. Es ist kein reines „wer-es-getan-hat“ Krimi. Viel interessanter ist die Erklärung der Tatmotive. Diese stimmen nachdenklich und man fragt sich, ob einiges aus dem, was der Täter sagt, doch nicht zum gewissen Grad Bestand hätte.

Richard Barenberg hat wunderbar gelesen. Seine Stimme passt perfekt zu dieser Geschichte. Er macht sie auch so geheimnisvoll und unheilverkündend, dass ich mich anfangs gefragt, ob ich nicht in einem Psychothriller gelandet wäre. Aber auch die hellen Momente gelangen ihm gut. Alle Figuren, Frauen wie Männer, konnte ich prima heraushören und wiedererkennen.

Fazit: Ein spannender, sehr gut gelungener Krimi, der wichtige Themen der Gegenwart gekonnt in Szene setzt. Tolle, authentische Figuren. Auf weitere Fälle mit Henrik Falkner bleibe ich gespannt und vergebe die 5 wohl verdienten Sterne samt der Empfehlung für Fans von Regio-Krimis und LiebhaberInnen guter, gehaltvoller Geschichten.