Ein hervorragender Roman
Bewertet mit 5 Sternen
Der Roman „Schutzzone“ von Nora Bossong, erschienen im Suhrkamp Verlag, erzählt von einer Frau, die Kompromisse sucht, um Frieden herzustellen und Völkermorde zu verhindern. Jedoch muss sie erkennen, dass aller guter Wille manchmal nicht reicht und die einzig wahre Wahrheit nicht existiert. Auch ihre vermeintlich neutrale Verhandlungsposition kann Mira nicht in allen Situationen bewahren. Wir lernen eine Frau kennen, welche voller Sachlichkeit die großen Fragen der Zeit angeht, ihr Talent für den Frieden einsetzt und ihre Illusionen während zahlreicher Gespräche verloren hat.
Der Inhalt des Romans teilt sich fünf Abschnitten auf, die benannt sind nach FRIEDEN, WAHRHEIT, GERECHTIGKEIT, VERSÖHNUNG und ÜBERGANG. Weiterhin springt der Verlauf der Erzählung zwischen den Jahren und Orten hin und her. Einige Kapitel beschreiben ihr prägendes Leben im Jahr 1994 in Milans Familie, als Mira ein Kind ist. Wiederrum andere handeln von Miras Zeit in Bujumbura 2012, New York 2011 sowie in Genf 2017. So erfährt der Leser stückchenweise etwas über Miras Leben.
Ich habe mir für den Roman Zeit genommen, weil ich aus rein persönlichem Interesse viele Hintergründe nachgelesen habe. Der Roman an sich ist schlüssig, sodass es jedem selbst überlassen bleibt, darüber hinaus zu recherchieren. Die Figur der Mira hat mich gleich für sich eingenommen. Mira ist ein vielschichtiger Charakter. Manchmal wirkt sie zerbrechlich, fast verloren und dann wiederum stark und selbstbewusst. Ihre Stärke zeigt sich für mich noch einmal deutlich am Buchende.
Besonders hervorheben möchte ich den wundervollen literarischen Schreibstil der Autorin Nora Bossong. Manche Abschnitte habe ich mehrmals gelesen, weil die Beschreibungen mich sehr berührt haben. Als Beispiel auf der Seite 278 heißt es „[...]Ihre Hände waren sehnig und vertrocknet,eher wie etwas, auf dem Hund herumbissen, als das, was zugreift, streichelt, auf Dinge zeigt“. Die Sprache, welche die Autorin für diese Geschichte nutzt, ist melancholisch und hoffnungsvoll zugleich. Ein außergewöhnlicher Roman, der es schafft, die Frage nach weltweitem Frieden und die Suche nach Kompromissen facettenreich zu beleuchten. Dabei verzichtet der Roman völlig auf den moralischen Zeigefinger. Zwischen Resignation und Hoffnung, sieht der Leser am Ende des Buches dennoch das kleine Licht am Ende des Tunnels leuchten. Ohne die Institutionen von UN oder den Vereinten Nationen wäre das Leid wahrscheinlich noch größer. Der Roman greift ein wichtiges, jedoch komplexes Thema auf. Durch Miras Sachlichkeit entsteht ein nachvollziehbares, klares Bild der Arbeit in den erwähnten Institutionen. Daher ist dieser Roman meiner Ansicht nach ein überaus gelungenes literarischer und zeitgenössischer Werk!
Ich bedanke mich sehr herzlich beim Suhrkamp Verlag für das Rezensionsexemplar.