Rezension

Ein Hundeleben

Timbuktu - Paul Auster

Timbuktu
von Paul Auster

Bewertet mit 4 Sternen

„Dort wo die Weltkarte endet, fängt Timbuktu an.“ Dorthin gehen die Menschen, wenn sie sterben. So hört es Mr. Bones  von seinem besten Freund und Begleiter Willy.

Mr. Bones erzählt auf seine kindlich naive Weise die Geschichte von Willy G Christmas. Von Willie dem Sohn überlebender polnischer Juden, dem Poeten, dem Philosophen, der sterbenskrank ist, psychisch krank, obdachlos, Trinker, eine gescheiterte Existenz. Sein ganzes Leben hat Mr. Bones mit Willy verbracht, zunächst noch zu Hause bei Willys Mutter, später auf der Straße.

Wer nur dieses eine Leben kennt, kann gar nicht beurteilen, ob es arm oder reich war an Dingen, die das Leben erst lebenswert machen.

Willy schreibt, schreibt alles auf, Gedanken, Gedichte, Geschichten, alles wird notiert. Genau diese Notizen will er in seinen letzten Tagen seiner ehemaligen Lehrerin,  zukommen lassen. Denn mehr als die Worte in einem Schließfach hat er nicht vorzuweisen,  wenn sie verloren gingen, wäre es als hätte er nie gelebt. Doch sein Leben geht auf der Straße zu Ende, vor dem Haus von Edgar Alan Poe, in Poe-land, was Willy noch herrlich amüsiert, bevor er  stirbt.

Wenn Mr. Bones der Knochenmann sein soll, dann ist er ein kein harter grausamer Tod, nein, einer der noch zum Trost die  Schnauze in den Schoß legt.

Nach Willys Tod ist Mr. Bones auf sich allein gestellt, lernt die ungute Seite der Menschen kennen, wird eine Zeit lang von einem chinesischen Jungen aufgenommen, der den Hund aber aus Furcht vor seinem Vater versteckt hält, bis er auch dieses Leben aufgeben muss.. Immer wieder träumt er von Willy. Willy lebt jetzt in Timbuktu. Doch es sind nicht immer gute Träume, Willy kann ihm nicht versprechen, dass alles gut wird. Bis Mr. Bones eines Tages im Vorgarten einer Familie landet, von den  Kindern und der Mutter sofort ins Herz geschlossen, darf Mr. Bones  bleiben. Auch wenn Willy vom Weg abgekommen ist und sich gegen alle Konventionen gewehrt hat, lernt Mr. Bones, sich an das „gute Leben „zu gewöhnen.

Wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hatte, wie das System funktionierte, schien es gar nicht mehr so wichtig, dass man den ganzen Tag angekettet war.

Wenn da nicht immer noch die große Sehnsucht nach Willy und Timbuktu wäre.

Auster erzählt diese Geschichte über Außenseiter, Benachteiligte, Gescheiterte mit so viel Fürsorge, ohne zu tief ins Kitschige abzugleiten.
Dieser kleine Roman steckt so voller feiner Gedanken und Sätze. Auch wenn es die Wahrheit ist, dass manche Geschichten einfach nicht gut ausgehen können, lässt einen das Buch doch immer wieder lächeln. Ganz besonders mochte ich beispielsweise eine Anspielung auf Willys Mitbewohner am College, einem gewissen Anster oder Omster, Paul jedenfalls, der bei Manns Zauberberg nie über Seite 271 hinausgekommen war. Fein, da habe ich diesem Paul wenigstens ein paar Seiten voraus.