Rezension

Ein Lebenswerk

Die Rebellin - Ursula Hauser

Die Rebellin
von Ursula Hauser

 

Wie kommt eine junge Frau, aufgewachsen in einem liebevollen, behüteten  Zuhause, dazu, sich aus ihrem sicheren Dasein zu lösen und in politisch und sozial instabile Länder zu begeben? Das erfährt der Leser auf sehr eindringliche Weise in diesem Buch, das den Lebenslauf der  „Rebellin“ Ursula Hauser schildert. Aus vielen Gesprächen, welche die Journalistin Tanja Polli mit ihr geführt hat, entsteht ein klares Porträt der Psychologin, die sich mit ihrem Ausbruch aus dem überschaubaren, konservativen Kilchberg bei Zürich gegen ein bequemes, aber angepasstes Dasein im  „normalen“ Rahmen entschieden hat. Sehr überzeugend erzählt sie von ihrem außergewöhnlichen Leben, ihrem Wunsch und Vorhaben, sozial benachteiligten Menschen und politisch Verfolgten zu helfen. Auf lebendige Weise  berichtet sie, wie es ihr gelang, ihre Ideen umzusetzen und von ihren Erfolgen. In einem Interview erklärt sie ihre wichtigsten Ziele; auf der einen Seite geht es ihr um Hilfe für seelisch und körperlich misshandelte Frauen, aber auch Bemühungen, mit den Enkeln einer vergangenen Diktatur (wie etwa in Uruguay) die Vergangenheit aufzuarbeiten, sind ihr wichtig:  „Zum einen wollte ich dazu beitragen, dass traumatisierte Frauen einen Ausweg aus Depression und Resignation fanden und wieder auf ihre Ressourcen vertrauen konnten… Ich möchte Menschen dazu befähigen, sich in ihrem Kontext zu begreifen, klar zu denken und Selbstverantwortung zu übernehmen.“

Ehrlich und ohne Anmaßung erzählt Hauser von ihren Erfolgen, die sie mit Hilfe des Psychodramas (einer Form der Gruppentherapie) in den unterschiedlichsten Ländern erzielt, und ihrem Engagement in der Ausbildung neuer Therapeuten vor Ort. Und ganz  selbstverständlich führt Ursula Hauser ihr Lebenswerk auch im Alter von 70 Jahren noch fort und setzt sich für ihre Ziele ein, in einem Alter, in dem sich die meisten Menschen bereits im Ruhestand befinden. Tanja Polli versteht es großartig, den natürlichen Ton im Gespräch mit der Psychologin wiederzugeben und den Leser Hausers ehrliche Anteilnahme am Schicksal der Benachteiligten dieser Welt und ihren leidenschaftlichen Einsatz spüren zu lassen. Um das Bild der tatkräftigen Frau zu ergänzen,  lässt die Autorin auch Vertraute aus Hausers Bekanntenkreis zu Wort kommen und schafft ein lebendiges Porträt. Ein wirklich lesenswertes Buch, das zum Nachdenken  -  auch über das eigene Leben  -  anregt.