Rezension

Ein liebenswerter Postbote und Vater

Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García -

Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García
von Moritz Rinke

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch fand ich wirklich sehr beeindruckend. Das beginnt schon bei formalen Besonderheiten wie dem recht langen Buchtitel und den ebenso ausführlichen 40 Kapitelüberschriften sowie aufgenommenen Fotos und Skizzen, setzt sich dann aber inhaltlich in der Geschichte selbst fort.
Diese dreht sich um den 40jährigen Pedro, einem Postboten in der dritten Generation mit Fleisch und Blut, dessen Job auf Lanzarote zusehends der Digitalisierung zum Opfer fällt, so dass ihm fast nur noch die Zustellung von Postwurfsendungen bleibt. Umso mehr Zeit hat er für die Erziehung seines kleinen Sohnes, mit dem ihn ein inniges Verhältnis verbindet. Eine Welt geht für ihn unter, als seine Freundin samt Kind ihn urplötzlich Richtung Barcelona verlässt. Sein verrückter Jugendfreund mit seinen immer neuen Geschäftsideen und ein schwarzer Flüchtling aus Afrika bringen ihn allmählich wieder in die Spur und spornen ihn an, zu seinem Sohn zu reisen.
Der Protagonist Pedro ist eine sehr sympathische Romanfigur, weil er trotz seines Alters ein Kind geblieben ist und sich so rührend um seinen Sohn kümmert. Da sieht man es ihm gerne nach, dass er so wenig Ehrgeiz hat, seine berufliche Situation zu ändern und stattdessen sinnlose Touren über die Insel mit dem Dienstmotorrad unternimmt, um seinem Dienstherrn die fortbestehende Notwendigkeit eines Postboten zu beweisen. Sehr interessant ist, dass Pedro zufällig auch mit seiner eigenen familiären Herkunft, insbesondere seiner Verbindung zum Vater konfrontiert wird. Der Autor belässt es nicht bei einer Familiengeschichte, sondern flicht sehr detailreich historische Fakten ein, wie den spanischen Bürgerkrieg ab 1936, die Verwicklung der Nationalsozialisten hierin, die Bedeutung Francos für Spanien, die Flucht von Afrikanern nach Spanien. Auch die verrückten Geschäftsideen seines Freundes rund um die Villa Winter und die versunkene Insel Atlantis sind von geschichtlicher Bedeutung. Nicht zuletzt werden Kenntnisse über Lanzarote als Vulkaninsel vermittelt, wenn auf die Vulkanausbrüche ab 1730 eingegangen wird.
Ein wirklich lesenswertes Buch.