Rezension

Ein Sommer zum Träumen und Verlieben

Der Sommer, in dem die Zeit stehenblieb
von Tanya Stewner

Bewertet mit 3.5 Sternen

Juli ist die Protagonistin in diesem Jugendroman, bei dem es um das erste Verlieben in einer ungewöhnlichen Bindung geht, was allerdings nur wenige Sommerwochen hält. Juli ist sechszehn Jahre alt und ist noch Schülerin. Die Nachmittage nach der Schule verbringt Juli meistens bei ihrer besten Freundin Whoopi. Beide Mädchen können anhand ihrer Herkunft nicht unterschiedlicher sein. Juli wächst in einem Anwalt-/Ärztin-Elternhaus villenartig auf und Whoppi lebt mit ihrer Mutter alleine in einer kleinen Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus. Dennoch macht sich Juli sich nichts aus Statussymbolen, sondern eher im Gegenteil. Wenn Juli ihre Zeit für sich braucht, um ihren Gedanken nachzuhängen, dann geht sie in einen nahegelegenen Wald in dem sich eine Lichtung und ein See befindet. Eines Tages beobachtet Juli eine Weile eine männliche Gestalt mit blonden langen Jahren in weißer Kleidung umhüllt. Diese Gestalt bemerkt Juli zunächst gar nicht. Erst am nächsten Morgen geht Juli noch vor der Schule in den Wald, um zu hoffen, dass diese Gestalt dort auf der Lichtung wieder anzutreffen ist. Nun lernen sich beide kennen, wobei sich herausstellt, dass diese schön aussehende Gestalt Anjano heißt, und einen außergewöhnlichen Akzent hat. Irgendwie kommt Anjano aus einer anderen Welt. Juli muss ihm versprechen, dass sie niemanden – auch nicht ihrer besten Freundin Whoppi – von ihm erzählt. Eigentlich darf Anjano gar nicht mit Juli sprechen beziehungsweise es ist in seiner Welt, aus der er kommt, gar nicht möglich, sich mit Menschen zu unterhalten. Juli ist mehr und mehr von Anjano fasziniert von seiner Schönheit und Leichtigkeit. Aber auch Anjano muss immer an Juli denken, und so passiert es, dass sich beide ineinander verlieben. Aber diese Liebe ist leider recht kurzweilig.

Mit diesem Jugendroman ist es der deutschen Autorin Tanya Stewner gelungen, eine Teenagerliebe, die ein Mädchen zum ersten Mal erleben darf, emotional, neugierig und abenteuerreich wachsen zu lassen. Juli erzählt die Geschichte aus ihrer Perspektive mit allen ihren Stärken und Schwächen, denn sie ist mal rebellisch, dann wieder einfühlsam und überlegen. Mit ihrer besten Freundin Whoopi geht sie durch dick und dünn, aber als Anjano auftaucht, steht eine Mauer zwischen den beiden Mädchen. Des Weiteren ist Juli ein sehr intelligentes Mädchen, die für die Wissenschaftlerin Marie Curie schwärmt und sozusagen ihr Vorbild ist. Julis Eltern sind teilweise anstrengend, weil sie sich einerseits trennen wollen, aber andererseits Juli (fast) alles recht machen wollen. Anjano wird als Schönling dargestellt, der in Julis Wahrnehmung nicht viel älter ist als sie.

Der Roman packte mich in dem Moment als Juli und Anjano sich nach und nach annäherten und sich ineinander verliebten, obwohl es eigentlich eine verbotene Liebe ist. Sehr interessant fand ich außerdem, herauszufinden, wer Anjano tatsächlich ist. Anjanos Hintergrund hat mich begeistert, aber beim Lesen nahm ich allerdings Anjano viel älter wahr – nämlich 30 Jahre und älter – als er eigentlich suggerieren soll. Julis Figur gefiel mir besonders, weil sie ein Gerechtigkeitsmensch ist, der an mich selbst erinnert. Juli möchte, dass den Armen (ob Obdachloser oder Migrant) aus ihrer Sicht geholfen wird. Der Reichtum ihrer Eltern ist ihrer Meinung nach überflüssig, mit dem sie nichts anfangen kann.

Dieser Jugendroman unterhielt mich mit einer gewissen Spannung, Emotionalität und Leichtigkeit, so dass ich manchmal gedacht habe – vor allem in dem Momenten, als Anjano und Juli sich näher kommen – nochmal selbst ein Teenager zu sein.