Rezension

Ein tolles Stück!

Indisches Nachtstück - Antonio Tabucchi

Indisches Nachtstück
von Antonio Tabucchi

Für jede Gelegenheit!

Antonio Tabucchis Nachtstück wurde mir von meiner Professorin für italienische Literatur empfohlen. Es geht um eine Reise und Suche in Indien, aber eigentlich um viel mehr: Die theosophische Gesellschaft Indiens wird durch Begegnungen repräsentiert, die absurd scheinen, aber in deren kulturellen Kontext doch als völlig normal gelten. Das Paradoxe der indischen Philosophie wird durch Nebenbemerkungen deutlich, aber nicht kritisiert. Die einfache Handlung ist durch einen Erzähler präsentiert, der sich „nicht wichtig macht“, der nichts Spektakuläres aus dem Hut zaubert, sondern Realistisches berichtet. Am Ende stellt sich die Suche als Reflexion heraus.

Tabucchi, der portugiesische Literatur dozierte, war zeitlebens inspiriert von Pessoa, welcher die „Erzählerauflösung“ erfand. Dieses Stück geht in eine ähnliche Richtung.
Ich habe es schön gefunden, aber etwas ganz anderes erwartet.

Was ich toll finde: Man kann es auf vielen Ebenen lesen, so dass es für fast jeden empfehlenswert ist: Als Reisebericht, als kulturelle Annäherung, auf der symbolisch-literarischen Deutungsebene als Rätsel oder einfach als realistische Erzählung.
Ich würde Actionliebhabern und Freunden einer klaren Auflösung am Ende allerdings eher nicht empfehlen.