Rezension

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Ein Traum für den Leser historischer Romane

Mehr als nur ein Traum - Elisabeth Büchle

Mehr als nur ein Traum
von Elisabeth Büchle

Deutschland 1963: Felicitas hat es geschafft, die grausamen Jahre im Nazideutschland zu überleben.  Oft musste sie sich die kleinsten Verstecke suchen um zu überleben, Verfolgung und Hass drohte ihr mit ihren jüdischen Wurzeln überall.

Doch sie hat es geschafft, eine gute Anstellung als Fotografin zu bekommen. Unerwartet erhält sie einen Brief einer Anwaltskanzlei, dass sie Erbin eines Nachlasses im Süden der Vereinigten Staaten ist. Nach einigem Überlegen nimmt sie dann schließlich das Erbe an. Sie reist samt ihrem Hab und Gut in den Süden der USA – genauer gesagt nach Mississippi um dort das Erbe anzutreten.  Sie freut sich ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen und ist voller Hoffnung, auf ihren Neustart in ein neues Leben. Kaum dort angekommen, freundet sie sich mit ihren schwarzen Nachbarn an. Alle Warnungen dies zu unterlassen, ignoriert sie. Doch die Welt um sie herum verändert sich immer mehr. Die Rassenunruhen beginnen mehr und mehr zu brodeln. Sie weiß irgendwann nicht mehr, wem sie noch Vertrauen schenken kann und bringt sich selber immer mehr in Gefahr….

Ich habe zu Beginn des Jahres den für mich ersten Roman der Autorin kennengelernt „Unter dem Mitternachtsmond.“ Das Buch und der wundervolle Schreibstil hatten mich damals schon so gepackt, dass ich es kaum erwarten konnte, bis jetzt das neue Buch erschienen ist.

Mit ihrem historischen Roman „Mehr als nur ein Traum“ entführt Elisabeth Büchle den Leser in den Süden der Vereinigten Staaten - an den Mississippi.

Alleine schon das Cover des Buches ist wunderschön oder man könnte auch dem Titel bereits hier zustimmen: Mehr als nur ein Traum!! Der Pick-Up, die unwegsamen Pisten eingebettet in die sich biegenden Bäume abgerundet von den traumhaften Magnolien und alles im Schatten des zarten Sonnenlichtes, welches sich den Weg durch die Bäume sucht.

Die Charaktere sind liebevoll, authentisch und detailliert ausgearbeitet. Auch die Beschreibungen der Schauplätze sind  so bildlich dargestellt, dass man sich wie in die Geschichte reinversetzt fühlt. Als Leser erlebt man alle Schicksalsschläge der Protagonisten mit. Man liebt, leidet, fiebert und hofft,  weint und lacht. Zum Ende hin spürt man immer mehr die Hoffnungslosigkeit mit und die Traurigkeit der sinnlosen Kämpfe zwischen Weißen und Schwarzen.

Die junge Felicitas hatte einen harten Überlebenskampf zu der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Mit ihrer liebevollen Art hat sie das Herz am rechten Fleck. Mit ihrer offenen, ehrlichen Art macht sie sich schnell Freunde, aber durch ihr großes Herz und die Liebe zu Menschen aller Rassen leider auch zugleich Feinde. Ihre etwas tollpatschige Art rettet ihr letztendlich in einer ausweglosen Situation das Leben. Landon Brown ist einer der örtlichen Deputys, er kennt die Gegend am Mississippi wie seine linke Westentasche, da er dort aufgewachsen ist. Die Bewohner in der Stadt und auch im Dorf sind im alle jahrelangen Wegbegleiter gewesen. Er scheint ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben, lässt aber niemand in die Karten schauen. Sein Partner Sam ist ein noch größeres Geheimnis. Birdie, Lily, Abner und die vielen weiteren schwarzen Bewohner des Dorfes draußen im Wald sind jeder auf seine Art ganz besondere liebenswerte Charaktere. Birdie ist besonders fest in ihrem Glauben zu Gott verankert. Ihr immerwährend großes Herz, ihre Geduld für jeden ein offenes Ohr zu haben und ihr unentwegter Wunsch Vergebung und Verzeihen in ihrem Leben wiederspiegeln zu lassen, machen sie zu einem ganz besonderen Menschen.

„Nein Tess, du hast aus deinem Herzen gehandelt. Daraus kann Dir niemand einen Vorwurf machen. Und du selbst darfst das ebenfalls nicht. Du trägst keine Schuld daran, dass die Seelen mancher Menschen gefangen sind in Hass und Vorurteilen.“

 

Nebenbei gibt es noch viele weitere Protogonisten, die der Geschichte immer neue Wendungen und stets Spannung verleihen. Erwähnenswert ist hier besonders noch Kerstin, Felicitas beste Freundin aus Deutschland. Sie spürt direkt, dass mit dem vermeintlichen Erbe irgendetwas nicht stimmen mag. Ihr Freund Christoph wurde nach Vietnam abkommandiert, hier ist auch ein Ort des Geschehens.

Die detailgetreuen landschaftlichen Beschreibungen der teils unberührten Natur und Gegend rund um den Mississippi mit seinen vielen kleinen Ausläufern runden diese wundervolle Geschichte ab. Ich habe mich während der ganzen Zeit gefühlt, als wäre ich Teil des Romans und Beobachter auf den unterschiedlichen Schauplätzen.

Bereits im Prolog geht es spannend los in die Geschichte. Die Autorin schreibt packend, flüssig und zugleich sehr einfühlsam. Der Spannungsbogen steigert sich im Laufe der Handlung immer mehr und erreicht seine Höhe passend zum finalen Ende.

Die historischen Hintergründe wurden von der Autorin sehr detailliert recherchiert und dargestellt. Der Roman hat drei Orte, die in der Geschichte alle miteinander verwoben sind: Deutschland, den Süden der USA und Vietnam. Teil der Geschichte sind auch historisch belegte Personen. Sehr gut finde ich, dass man zu diesen Personen weitere Informationen im Anhang lesen kann.

Viele Themen der damaligen Jahre sind in die Geschichte verarbeitet. Einen großen Teil nehmen die Rassenunruhen ein. Die Erniedrigungen und brutalen Kämpfe der Weißen gegen die Schwarzen. Inmitten dieser ganzen Unruhen Martin Luther, mit seinem Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit, Gleichberechtigung aller Rassen sowie Aufhebung der Rassengesetze.

Auch Teil der Geschichte sind die Verbindungen des Ku-Klux-Klans und seinen Machenschaften - der Klan durch den viel Angst und Schrecken verbreitet wurde unter den Menschen. Das brennende Kreuz ist ein markantes Symbol des rassistischen und gewalttätigen Geheimbundes und ist auch in dieser Geschichte passend eingearbeitet.

Geschickt eingewebt sind die christlichen Aspekte, die immer wieder in der Geschichte zu finden sind. Sie sind in keiner Weise aufzwängend sondern gut in das Geschehen verpackt. Gerade das Vertrauen in Gott, Hoffnung und Vergebung sind hier eindrucksvoll in die Szenen verwoben. Auch das Thema Gebet ist hier stimmig in die Geschichte mit eingebracht.

„Birdie sagt immer, dass Gott uns alle in einer wunderbaren Vielfalt geschaffen hat.“

 „Mehr als nur ein Traum“ ist ein tiefgründiger, bewegender, historischer Roman der den Leser wie in einem Strudel mitzieht und lange nachhallt. Für mich hätte der Roman noch lange weitergehen können. Wie schon der Titel und das Cover es beschreibt, so ist die Geschichte tatsächlich ein Traum für einen Leser dieses Genre.

Ich vergebe 5 Sterne…... leider sind mehr nicht möglich, verdient hätte dieser Roman deutlich mehr. Er wird lange in Erinnerung bleiben und ist tatsächlich eines meiner absoluten Lieblingsbücher geworden.

Von mir gibt es ganz klar eine absolute Leseempfehlung!