Rezension

Ein typischer Antje Wagner und doch mit nichts anderem vergleichbar

Vakuum - Antje Wagner

Vakuum
von Antje Wagner

'Eines Vertrauens würdig erweist man sich nie in guten, sondern erst in schwierigen Zeiten.' (S.316)

Nach "Schattengesicht" und "Unland" wusste ich, auf was ich mich mit einem Buch von Antje Wagner einlasse und doch auch wiederum nicht, denn Antje Wagners Bücher haben durchaus ihre Gemeinsamkeiten wie die besonders schöne und bildhafte Sprache, tiefgehende und nachvollziehbare Charaktere, eine fühlbare Atmosphäre, aber vor allen Dingen eins: sie sind überraschend und in ihren Verlauf und dem Ende nie vorhersehbar.

In "Vakuum" stellt Antje Wagner nach und nach fünf Jugendliche vor, die zunächst nichts miteinander gemeinsam haben, bis am 17. August um 15:07 Uhr die Zeit stehen bleibt und sämtliche Menschen verschwunden sind, bis auf Kora, Tamara, Alissa, Leon und Hannes.

'Es gab die zittrige Stille nach einer peinlichen Bemerkung, kurz bevor man losprustete. Es gab die von raschelnden Schatten umgebene Stille, wenn man nachts aufwachte. Es gab die brodelnde Stille nach einem Streit.
Und es gab eine Stille, die unversöhnlich war. Die sich wie eine flüssige Lava über alles ergoss. Diese Stille hier war so.' (S.112)

Außer Alissa und Leon, die Geschwister sind, kennen sich die Jugendlichen bis zu diesem Tag nicht, sie haben im Vorfeld aber rätselhafte Hinweise und Briefe gefunden, die sie zueinander führen und die zudem den Anschein erwecken, dass sie sich doch irgendwoher kennen.
Auch wenn sie aus ganz unterschiedlichen Familien und verschiedenen Gegenden Deutschlands stammen, so stellt man als Leser schnell fest, das jeder der Fünf ein dunkles beziehungsweise trauriges Geheimnis in der Vergangenheit verborgen hält, gegen das jeder mehr oder minder ankämpft, und von dem die Stille oder das Vakuum auf mysteriöse Weise zu wissen scheint: es bildet sich ein Nebel, der lebendig erscheint, und der die Jugendlichen angreift. Sie können den Nebel nur besiegen, in dem sie sich aufeinander verlassen und sich Vertrauen schenken.

Antje Wagners Bücher sind nur schwer in Worte zu fassen, besonders zu den überraschenden Wendungen und dem Ende kann und darf man keine Worte verlieren, um den besonderen Zauber und den Überraschungsmoment nicht zu zerstören. Nur eins: auch wenn nicht alles in dieser Geschichte erklärbar ist, so ist mir doch beim (zweiten und aufmerksameren) Lesen aufgefallen, dass Antje Wagner viele Hinweise streut und Verbindungen knüpft, die zumindest das Erklärbare erklärbar machen. Alles andere ist Kopfsache - man muss sich einfach auf die Magie ihrer Erzählungen einlassen mit dem Bewusstsein, dass es nicht zu Ende ist, wenn man den Deckel über der letzten Seite zuschlägt, ihre Geschichten sollen und müssen in den Köpfen des Lesers weitergesponnen werden.