Rezension

Ein Vorschlag für den nächsten Jugendliteraturpreis

City - James Roy

City
von James Roy

Viele kurze Geschichten; Einblicke in das Leben junger Leute: Jeremy, der nach einem Drogentrip im Krankenhaus landet, Lily, die sich von ihrem Freund trennt, Damien, der seinen Freund bei einem Anzugkauf begleitet, Dylan, der mit knapper Not einem Feuer entkommt, Fliss, die zum ersten Mal ihre Gedichte auf einem Slampoetryabend vorliest und viele weitere. Wie im Scheinwerferlicht wird für kurze Zeit eine Person angestrahlt, und dann wandert das Licht weiter zur nächsten. Die Geschichten erzählen von Hoffnungen und Ängsten, von Freundschaft und Verliebtsein, aber auch von Kriminalität und Verfolgung. Wie in einem Kaleidoskop entsteht immer wieder ein neues Bild. Jede Geschichte für sich ist lesenswert. Dennoch ist das Buch keine Sammlung von Erzählungen, sondern es gibt Verbindungen zwischen den Personen: So ist Vee bei der Lesung von Fliss dabei und ihr Ex-Freund Andy kauft das Motorrad von Nicks Vater. Diese Verbindungen sind allerdings nur sehr flüchtig; oft kennen die Personen sich nicht einmal untereinander. Andere Bindeglieder sind Orte wie der Fähranleger oder ein Pub, und schließlich gibt es da noch die Gedichte, meist Haikus, die ein unbekannter Dichter mit einem Filzstift an einem öffentlichen Ort hinterlässt.

Ähnlich wie James Roys Buch "Town" werden hier Erzählungen von und über verschiedene Personen nebeneinandergestellt. Doch "Town" spielt in einer Kleinstadt, in der die Jugendlichen sich untereinander kennen. So trifft der Leser die gleiche Person als Nebenfigur in verschiedenen Geschichten und kann erleben, wie unterschiedlich das Bild ist, das dabei entsteht. Hier dagegen bleiben die Verbindungen vager und unpersönlicher - wie es in einer Großstadt ist, wenn Passanten unbekannt bleiben und selbst Nachbarn anonym sind. Das Bild einer Großstadt wird hier mit dichterischen Mitteln plastisch gezeichnet.