Ein wahrer Genuss
Bewertet mit 5 Sternen
Auch um dieses Buch von Stephen King habe ich lange einen großen Bogen drum gemacht. Nicht weil es zu dick war, nein, was mich an diesem Buch abgeschreckt hatte, war die Tatsache, dass es in keine Kapitel oder Absätze unterteilt ist, was für Stephen King ganz untypisch ist. Dieses Buch ist ein fortlaufender Text und das was der Leser hier zu lesen bekommt ist das ganze Polizeiverhör von Dolores Claiborne und ihrer Lebensbeichte.
Sie fängt bei ihrer Arbeit als Haushälterin bei der reichen Vera Donovan an, wie sie sich von ihr tyrannisieren lassen und über sich ergehen lassen musste. Denn Vera Donovan, war kein einfacher Arbeitgeber, sie wollte, dass bestimmte Dinge auf eine ganz bestimmt Art und Weise erledigt werden sollen und nicht anders. Macht man es doch anders und man wird dabei erwisch »... dann gnade dir Gott.«
Dolores arbeitet viele Jahre lang für Vera Donovan, lebt sogar einige Zeit dort, um später, als Vera Donovan hilfsbedürftig wurde, auch in den späten Stunden noch an ihrer Seite zu sein und sie zu pflegen, was nicht immer ganz einfach war, denn Vera Donovan konnte ein richtiges Luder sein, und das musste Dolores mehr als einmal erleben, wie Vera Donovan, als sie nicht mehr ganz klar im Kopf war, mit ihren Fäkalien um sich wirft, was bestimmt kein schönes Bild sein würde.
Stephen King schaffte es hier, das Leben einer Haushälterin mit seiner bildhaften Sprache so gut darzustellen, dass ich immer wieder die Bilder vor meinem Inneren Auge sehen musste, ich konnte einfach nicht anders. Ich stellte mir die Insel Little Tall Island als karge, mit großen Feldern und einem kleinen Wald, und ohne große Erhebungen vor. Ich hörte das Rauschen des Meeres, der brechenden Wellen, an den Klippen und das Kreischen der Möwen, das starke Rauschen der salzigen Luft usw.
Doch das Leben als Haushälterin war nicht alles. Denn der wahre psycho-Horror, wie ich es nennen würde, fand in ihren eigenen vier Wänden statt, die sich Dolores viele Jahre lang mit ihrem Mann Joe St. George teilte, der ebenfalls viele Jahre lang Alkoholiker und Mietglied der Anonymen Alkoholiker war. Zusammen leben sie mir ihren drei Kindern - davon zwei Jungs und ein Mädchen, in einem kleinen Haus, mit einem alten Holzschuppen und zwei Brunnen, von denen nur noch einer seiner Funktion als Brunnen nachgeht, denn der andere wurde stillgelegt.
Man merkt schnell, dass in diesem Haushalt der Mann die Hosen anhat und Dolores, außer sich um die typischen Sachen zu kümmern, die Frauen in einem Haushalt eben tun, wie Essen kochen, Putzen und sich um die Kinder kümmern, sowie zu arbeiten, nichts weiter zu sagen hat. Doch hin und wieder schaffte es Dolores ihren Mut zusammenzuraffen und doch hie und da ein paar Widerworte gegen ihren, gewalttätigen Mann, zu geben, der dann nicht besonders froh darüber ist. Doch als Dolores dann erfährt, dass sich ihr Mann an ihrer einzigen Tochter vergeht, fasst sie den Entschluss, die Kinder zu nehmen und wegzugehen. Doch das ist nicht ganz einfach, denn das Geld, was sie allein über die ganzen Jahre lang auf die drei Sparbücher der Kinder eingezahlt hatte, waren plötzlich verschwunden und da konnte nur eine Person für verantwortlich sein.
Auf das Ende der Geschichte möchte ich hier aber nicht weiter eingehen, denn die Geschichte, die Stephen King hier geschrieben hat, ist eng gesponnen und mit seinen Charakteren, die alle eine bestimmte Lebensgeschichte hinter sich haben, die ihr Leben geprägt hat, kam mir das alles hier so real vor und ich würde dieses Buch als sehr bedrückend und intensiv beschreiben. Anders könnte ich dieses Buch nicht beschreiben und ich denke, dass »Dolores« mir noch lange im Gedächtnis hängen bleiben wird.
Fazit:
Dolores ist ein wahrer Genuss.