Rezension

Ein Wirtschaftskrimi mit guten Ideen, aber zu wenig Spannung und Abwechslung

Mostviertler - Helmut Scharner

Mostviertler
von Helmut Scharner

Bewertet mit 2.5 Sternen

Die Schuster Schuhe GmbH ist ein mittelständischer Familienbetrieb im ländlichen Niederösterreich, spezialisiert auf die Herstellung von Sportschuhen. Damit das Unternehmen auch in Zukunft wettbewerbsfähig ist, möchte Jakob Schuster, Sohn des Familienoberhauptes, dass sich die Firma bei einem chinesischen Schuh-Produzenten einzukauft und fortan Fair Trade - Schuhe vertreibt. Um seinen Traum zu erreichen, ist Jakob bereit weit zu gehen. Zu weit? Doch auch die chinesischen Geschäftspartner der Schusters kennen wenige Skrupel...

Das Setting des Krimis ist für Wirtschaftsinteressierte spannend gewählt: Fair gehandelte Produkte werden immer beliebter, gleichzeitig gibt es jedoch auch Kritik an den Zertifizierungen. Der Autor dürfte sich in diesem Gebiet gut auskennen und auch im Bereich Joint Ventures und Unternehmenstransaktionen Erfahrung haben. Dieses Wissen wird im Buch gut verständlich dargelegt, wodurch es sich positiv von anderen Krimis abhebt.

Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich dieses Buch überhaupt als Krimi bezeichnen würde. Einen Mord gibt es zwar, dieser passiert jedoch erst in der zweiten Hälfte des Buches und Täter und Motiv sind leicht zu durchschauen. Lange Ermittlungen und überraschende Wendungen in der Polizeiarbeit sucht man als Leser daher vergeblich. Stattdessen liegt der Fokus des Buches eher darauf, die Hintergründe des Mordes bzw. der zahlreichen Konflikte zwischen allen Beteiligten, zu erklären. Das ist bisweilen interessant, bisweilen aber auch zu viel des Guten. Denn die gesamte erste Hälfte des Buches und die zahlreichen Rückblenden in Hälfte zwei, dürften vor allem dazu dienen, den in der Mitte des Buches zu verstehen. Eine dichtere Darstellung dieser Hintergründe hätte die Spannung, meines Erachtens, erhöht.

So interessant also viele Ideen bezüglich Handlung und Setting sind, durch die Art der Umsetzung und der Dramaturgie, wurde viel Potential verschenkt.

Auch der Schreibstil konnte meinen Geschmack leider nicht treffen. Die sehr direkte, einfache Sprache ist zwar gut verständlich, wirkte für mich jedoch bisweilen zu plump. Ebenfalls irritierend war für mich, dass nicht aus Sicht einer Person geschrieben wurde, sondern quasi aus Sicht aller. So werden die inneren Monologe und Gedanken aller wichtigen Charaktere niedergeschrieben. Dadurch kann man gut nachvollziehen, wer warum wie handelt - gleichzeitig werden die Protagonisten dadurch jedoch auch vorhersehbar. Als Leserin hatte ich bei dem Roman oft den Eindruck, man traut mir nicht zu, Gesichtsausdrücke, Stimmungen usw. zu interpretieren und schreibt daher auch die Gedanken jedes Charakters hinzu. Ähnlich ging es mir bei den zahlreichen Widerholungen und der Darstellung von Szenen, die man problemlos hätte streichen können, da sie sich ohnehin logisch aus dem Rest der Geschichte ergeben. Hier hätte ich mir mehr Raum für eigene Gedanken und Interpretationen gewünscht.

Ich tue mir schwer, dieses Buch angemessen zu bewerten. Denn zum einen finde ich viele Ideen darin ineressant und neu. Zum anderen gab es bei der Umsetzung jedoch, aus meiner Sicht, deutliche Mankos. Wer sich für das Buch interessiert, sollte daher meines Erachtens zunächst in die Leseprobe blicken um herauszufinden, ob einem der Schreibstil zusagt.