Rezension

Einatmen, Ausatmen

Einatmen, Ausatmen - Natasa Dragnic

Einatmen, Ausatmen
von Natasa Dragnic

Bewertet mit 2 Sternen

Ein Krankenhaus in Hudson, New York. Giorgia liegt nach einem Autounfall im Koma. Unerwartet begegnen sich am Krankenbett der bekannten Jazz-Sängerin drei Männer: Ben, der Drummer ihrer Band und ihr Lebensgefährte. Überrascht wird er in der Klinik von Konrad, ihrem Ehemann, der sie nach acht Jahren zum ersten Mal wiedersieht. Als wäre das nicht genug, erscheint kurz darauf Césco, Brückenbauer, Saxofonspieler und Giorgias virtueller Liebhaber. Nach langem Ringen hat er seine Frau verlassen und ist zu Giorgia geeilt. Sie wussten nicht voneinander, die drei Männer, doch notgedrungen nähern sie sich an. 

‚Einatmen, Ausatmen‘ ist mein erstes Buch der Autorin Nataša Dragnić. Der Schreibstil ist prinzipiell gut und flüssig zu lesen. Er wandelt sich mit den Perspektiven der unterschiedlichen Charaktere, was das Geschriebene authentischer erscheinen lässt. Generell mag ich es, wenn die Charaktere sich auch sprachlich voneinander unterscheiden.
Die Charaktere, aus deren Perspektive die Handlung geschildert wird sind Giorgia und ‚ihre 3 Männer‘. Die Charakterdarstellungen konnten mich leider nicht überzeugen, mir ist nicht eine Person sympathisch geworden. Auch wenn die drei Männer allesamt unterschiedliche Hintergründe und Charaktere haben sind sie alle sehr selbstbezogen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es ihnen groß um Giorgia als Menschen ging, sondern eher darum sich selbst zu beweisen, dass sie einen von ihnen wählen würde. Emotionen gibt es reichlich – allem voran Wut und Trauer, darüber, dass Giorgia jeden von ihnen auf die ein oder andere Art verlassen hat. Die Charakterdarstellungen haben mich insgesamt verwirrt - sie sind größtenteils sehr oberflächlich geblieben, auch wenn sie alle ein gutes Potential gehabt hätten ein wenig tiefer zu gehen. Ich hatte den Eindruck, dass es immer nur um 'ich, ich ich' ging - wer ist der tollere Hecht, wer darf Giorgia 'behalten'. Schade.
Die Abschnitte mit Giorgias Perspektive sind in einem sehr rastlosen und unruhigem Schreibstil verfasst. Über Seiten gibt es weder Punkt noch Komma, es sind eher aneinandergereihte Satzfragmente, die in einem großen Strudel unterzugehen scheinen. An sich gefällt mir dieses Stilmittel sehr gut – es hat mich als Leser gut in Giorgias Zustand versetzt. Leider war es mir insgesamt zu viel des Guten. Vier Seiten ohne Punkt und Komma, mit vielen Wiederholungen machen keinen Spaß mehr. Auch hier Schade, denn diese Art die verworrenen Gedanken darzustellen ist an sich sehr authentisch. 
Der Handlungsstrang war für mich eher ermüdend, ich habe keine großartige Entwicklung wahrnehmen können. Die drei Männer sind am Ende des Buches nicht weiter als zu Beginn – sie sitzen nur ein wenig tiefer in ihrem Selbstmitleid. Auch wenn man einiges über die jeweiligen Hintergründe und Beziehungen erfährt, bleibt die Gegenwart seltsam fern. Das Ende passt für mich zum Gesamteindruck des Buches: verwirrend.