Rezension

Eine erschreckende Zukunftsvision.

Als die Welt zum Stillstand kam - Gabi Neumayer

Als die Welt zum Stillstand kam
von Gabi Neumayer

Eine kurze Einführung: In der Welt von Celie, Alex und Bernie ist das sogenannte  „Beamen“ möglich und in der Zukunft ein fester Bestandteil des Lebens. Arbeiten in Deutschland, zum Mittagsessen nach Frankreich und abends fürs Kino dann nach Amerika. Mit den Toren, die das Beamen ermöglichen, kein Problem. Es geht aber noch weiter: Selbst die Strom- und Wasserversorgung und auch die Internetverbindung werden über diese Tore geregelt. An einem scheinbar normalen Tag passiert dann die Katastrophe: Die Tore fallen aus und das Chaos ist perfekt. Kein Wasser, kein Strom, dafür eine Menge Angst und Panik.

Es dauert gar nicht lange im Buch, da kommt es zu der oben angesprochenen Katastrophe. Von da an herrscht Spannung ohne Ende und ich konnte gar nicht schnell genug lesen. Celie, Alex und Bernie befinden sich an unterschiedlichen Orten  als es passiert und dadurch,  dass aus jeder der drei Perspektiven die Handlung beschrieben wird, erhält man drei Handlungsstränge, die sich dann später zu einem einzigen zusammenfinden.

 Die drei sind sehr unterschiedliche Charaktere und genau so sind auch ihre Reaktionen auf den Torausfall. Zu Alex konnte ich am einfachsten eine Bindung aufbauen und er war es auch, der mich von den drei Freunden am meisten begeistern konnte. Er ist ein durch und durch guter Mensch, der andere schnell für sich einnehmen kann (egal ob Charaktere im Buch, oder den Leser außerhalb). Bernie ist ein eigentlich sehr lebensfroher und intelligenter Mensch, aber nicht ganz so einprägsam wie Alex. Zu Celie habe ich lange Zeit keine Bindung aufbauen können, weil sie ein sehr reservierter Mensch ist und dieses Gefühl nicht nur für die Personen im Buch bestimmt ist, sondern sich, wie auch bei Alex, auf den Leser überträgt. Natürlich habe ich dann bei allen dreien mitgefiebert, aber bei jedem auf etwas unterschiedliche Weise. 

Was mir auch sehr gut gefallen hat ist, dass immer mal wieder kleine Kapitel eingefügt waren, die aus der Sicht von anderen, nicht ganz so wichtigen Personen von überall auf der Welt erzählt wurden. So erhält man einen Rundumblick über die Katastrophe.

Neben dem aktuellen Handlungsstrang gibt es zudem noch einen vergangenen, der in Form von Tagebucheinträgen von Jenna, Celies Mutter erzählt wird. So hat man auch eine Ahnung davon, wie die Tore erfunden wurden und wie es dazu kam, dass diese Tore für das Unglück der Familie verantwortlich waren. 
Was aber ist die Ursache für den Torausfall? Zugegeben, man kann sich schon recht früh eine Theorie darüber machen und das Ende ist deswegen nicht sonderlich überraschend. Das ist aber gar nicht so schlimm, weil es im Buch nicht darum geht, die Katastrophe und deren Hintergründe in den Vordergrund zu stellen, sondern die Menschen und ihr Verhalten. Es geht darum, was Menschen in so einer Situation tun, was sie bereit sind, für das Überleben zu geben und wie sie sich im Angesicht einer solchen Katastrophe verändern.

Bereits einige Tage nach dem Torausfall kommt es zu Massenpanik, Plünderungen und Gewalt. Für meinen Geschmack war das etwas zu „krass“, aber wer weiß, ob es nicht wirklich so laufen würde. Ich habe das Geschehen mit Erschrecken verfolgt und es gab einige Szenen, in denen lief mir ein Schauer über den Rücken. Es sind meistens nicht einmal klare Worte, sondern nur Andeutungen gewesen, die mich so erschrocken haben. Kennt jemand von euch Lord of the Flies? Daran wurde ich im Buch leider einmal erinnert und ich habe in diesem Moment wirklich Angst  gehabt. Natürlich nicht um mich, oder um die Personen um die es in dieser Szene ging, sondern um die Menschlichkeit an sich. Sind wir wirklich zu so schrecklichen Taten fähig, wenn wir einfach nur überleben wollen?

An Celie, Alex und Bernie hat man diese Veränderungen hautnah miterlebt, natürlich nicht in so krasser Weise, wie oben beschrieben. Sie verändern sich insofern, als das für sie Dinge wichtig werden, die es vorher vielleicht nicht waren. So ist es zum Beispiel Alex‘ größter Wunsch, mit seinen Eltern zu frühstücken… Für mich waren die drei so etwas wie ein Hoffnungsschimmer, weil man an ihnen sehen kann, dass es auch anders geht und es eine Veränderung ins Positive geben kann. Umso wichtiger war es für mich natürlich, dass die drei sich finden. Jeder von ihnen macht eine Reise, die sie sich wohl niemals erträumt hätten. 
Dabei treffen sie auf einige Hindernisse und Herausforderungen. Besonders Celies Geschichte war sehr spannend, weil es in der Kommune, in der sie lebt, nicht mit rechten Dingen zugeht und es dort jemanden gibt, der seine Pläne mit allen Mitteln verfolg… Spannung und miträtseln garantiert!

Als die Welt zum Stillstand kam ist als nicht bloß reine Fiktion (wie man auch aus dem überaus interessantem Glossar und Anhang entnehmen kann), sondern auch ein durchaus denkbares Szenario und somit auch eine Warnung. Ich habe mich an vielen Stellen über die Naivität der Menschen gewundert und am Ende habe ich mich gefragt „Habt ihr denn gar nichts gelernt?“. Man kann Fehler begehen, man sollte aber doch auch wenigstens ein bisschen daraus lernen können, oder?

Fazit                                                                                                                                                         
Als die Welt zum Stillstand kam ist ein Buch, das auf der einen Seite eine sehr spannende Handlung mit drei sehr unterschiedlichen Protagonisten bietet, auf der anderen Seite aber auch zum Nachdenken anregt und eine Warnung in sich trägt. Das Ende hätte noch einen kleinen Showdown vertragen können, ansonsten hat das Buch mir aber sehr gut gefallen! Ein Lob an den Schreibstil der Autorin, bei dem vor allem die ungesagten Worte für viele Emotionen verantwortlich sind.