Rezension

Eine Familiengeschichte mit Schauplätzen in Paris, der Normandie und Yunann, spannend, dramatisch und doch bezaubernd!

Die fremde Tochter - Anja Jonuleit

Die fremde Tochter
von Anja Jonuleit

Mitreissende Familiengeschichte

Monsieur Cho besitzt ein angesehenes Teekontor in Paris und ist Meister der Teezeremonie. Eines Tages nimmt eine junge Frau, Lin Berwanger, daran teil. Sie gibt sich als seine Tochter zu erkennen und geht wieder. Als Cho die Neuigkeit endlich realisiert, sucht er nach ihr. Sie ist die Erbin einer  Teedynastie in Paris und die Tochter von Chos großer Liebe Emilie, die er seit über 30 Jahren nicht mehr gesehen hat. Da Lin nicht mehr aufzufinden ist, macht er sich auf die Suche nach ihr und gerät dabei in einen Strudel, der ihn in seine eigene Vergangenheit hineinzieht. Dabei erfährt er unglaubliche Dinge über Spuren, die auch sein Leben hinterließ.

 

Die Geschichte wird in zwei Zeitsträngen erzählt, einer führt in die Vergangenheit zu der Lebensgeschichte von Emilie und Cho. Der andere erzählt die Gegenwart, in der Cho nach Emilie und Lin sucht und das Ganze zu einem fesselnden Krimi werden lässt. Doch auch aus der Sicht von der Großmutter Adèle wird erzählt. Hierbei versteht es die Autorin mit einem unglaublichen Erzählfluss geschickt, die einzelnen Teile zu einer einfühlsamen Geschichte zu verbinden. Gespannt verfolgt man als Leser die häufigen Perspektivwechsel und fiebert der Aufklärung entgegen.

Dabei wird man zu diversen wunderschön beschriebenen Schauplätzen mitgenommen. Da sind einerseits die Teegärten und das einfache Leben im chinesischen Yunnan, wo das Kennenlernen zwischen Emilie und Cho beschrieben wird. Aber auch in Paris und der französischen Normandie reist man umher und sieht viel von der jeweiligen Szenerie.

Anja Jonuleits schöner, flüssig zu lesender Schreibstil hat mich von Anfang an begeistert. Gespannt  und fasziniert folgt man dieser Familientragödie und der Aufdeckung von Geschehnissen, bis die völlige Wahrheit ganz entblättert ist. Dabei ist man betroffen von diversen Schicksalsschlägen in dieser Familie, die hier aufgedeckt werden.

Die Charaktere sind allesamt gut getroffen und genau gezeichnet. Man kann sie sich gut vorstellen und taucht dadurch direkt in die Geschichte ein.

Lin ist eine mutige junge Frau, die von ihrer Mutter durch deren Krankheit in ihrer Kindheit nicht viel Liebe erfahren hat. Dennoch verbindet sie eine tiefe Zuneigung mit ihr.

Cho ist ein gestandener Mann, der jetzt als Vater auf die Suche geht und seine Jugendliebe wieder finden will. Zielstrebig rollt er die Vergangenheit auf und findet dabei schreckliche Geheimnis der reichen Familie Beranger heraus.

Adèle Berwanger ist die Person der Geschichte, die für einige schicksalhafte Wendungen verantwortlich ist. Sie ist eine Führungsperson ohne Kenntnis der menschlichen Nähe und durch ihre Prinzipien wirkt sie sehr hart und hat mit ihren Entscheidungen zum Teil das Schicksal ihrer Tochter auf dem Gewissen.
 
Dieser Roman hat mich sehr überrascht und betroffen mitlesen lassen. Anja Jonuleit ist hier ein einfühlsamer und beziehungsreicher Roman gelungen, der den Leser mitnimmt auf eine schicksalshafte Reise in eine Familiengeschichte. In die Welt des Tees und damit doch nicht in eine Welt der Ruhe und Entspannung, sondern auf eine interessante abwechslungsreiche Reise.