Rezension

Eine Familiensaga, die mich von der ersten Seite an gepackt hat

Schwalbenwinter -

Schwalbenwinter
von Klaus Jensen

Bewertet mit 5 Sternen

Irgendwann wäre ich auf dieses Buch auch ohne die Anfrage nach einer Rezension aufmerksam geworden, denn das Cover und auch der Titel sprechen mich sehr an.
Das Cover wurde übrigens von Rainer Wekwerth gestaltet, welcher in der Buchszene auch als Autor kein unbekannter Name ist.
Eine Schwalbe und Stacheldraht. Catcht mich total!

Allerdings bin ich nun sehr viel schneller auf dieses Buch gekommen.
Ich habe sehr lange kein 500 Seitenbuch in drei Tagen gelesen.
Es war dieses typische "nur noch ein Kapitel- Buch" und ich habe trotz Baby zu Hause wirklich jede Minute zum Lesen genutzt, die mir geboten wurden.

Warum mir auch der Inhalt zusagte?
Weil ich dieses Thema sehr lange schon verfolge, die Nachfahren von NS- Größen und deren Umgang mit dem Leben und den Taten ihrer Vorfahren.
Allein dieses Thema, vor allem die Gegenwehr beider Kinder im Buch, finde ich sehr gut umgesetzt. Zwar sind Hermann und Josi bereits erwachsen, dennoch sind sie von einem ganz anderen Schlag als deren Vater oder Großmutter.

"Wir kommen nicht umhin, damit zu leben, dass wir in eine Familie unbelehrbarer Rassisten hineingeboren wurden. Man kann sich seine Familie eben nicht aussuchen." (S. 352)

So sehr sich die beiden gegen das Gedankengut ihrer Familienmitglieder wehren, mit einer Sache müssen sie leben. Die eigenen Namen. Denn Hermann heißt eigentlich Thor Hermann und Josi wurde eigentlich Freya Viktoria benannt.
Zwei germanische Gottheiten als Geschwisterpaar vereint.
Aber auch hier versuchen die beiden es zu umgehen, so genannt zu werden.
Woher der Name Josi rührt, verrate ich an dieser Stelle nicht.

"Das vierte Gebot heißt: Du sollst Vater und Mutter ehren. Dazu gehört auch, den Namen zu akzeptieren, den dir deine Eltern gegeben haben." (S. 84)

Allerdings muss ich an dieser Stelle sagen, dass diese beiden Namen für mich nichts mit der NS-Kultur zu tun haben. Auch meine Tochter trägt einen nordischen Namen und ich hoffe niemand kommt auf die Idee, den Grund dafür in diesem Thema zu finden.

Aber es sind nicht nur die Namen, die aufzeigen, an was die Familie Johannson glaubt und für was einige immer noch kämpfen. Es sind Aussagen und Verhaltensweisen, die darlegen, dass vor allem Vater Manfred und Großmutter Anna weiter an den Führer, seine Idee und seine Taten glauben. Wobei der Autor immer wieder deutlich macht, dass beide keinerlei Ahnung haben, was wirklich in der Welt los war.

Nach einer schrecklichen Tragödie im Jahr 1945 bricht das Band zwischen Vater Manfred und Sohn Hermann beinahe völligst ab. Ein Unfall oder doch ein Plan, der Hermann das wahre Gesicht seines Vaters aufzeigt und dieses macht ihm Angst.
Dennoch ist es sein Vater und er verspürt, welche Macht dieser auf ihn hat.
Eine weitere Person, für mich die heimliche Anführerin der Familie ist, ist Anna.
Die Großmutter verweilt in der elterlichen Wohnung und sitzt meist nur in ihrem Sessel.
Über sich ein Porträt ihres verstorbenen Mannes Volker.
Erhaben ragt er über ihr auf und erinnert seine Nachfahren immer wieder daran, für was er einstand.

Die Geheimnisse und die Geschichte der Familie Johannson reichen weit zurück.
Die ersten Schilderungen im Buch erlesen wir im Jahr 1864.
Und in dieser Erzählebene verlassen wir auch das sehr detailliert dargestellte Hamburg.
Hier würde mich wirklich interessieren, wie ein Hamburger diese Darstellungen und Beschreibungen empfindet.
Die Ursprünge der Familiensaga begannen außerhalb der deutschen Linie mit Urgroßvater Manfred.

Neben der spannenden Thematik war es auch der Schreibstil und der Aufbau der einzelnen Kapitel, welche mich durch dieses Buch gejagt haben.
Der Stil ist anders, aber gut!
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Einzig etwas negativ aufgefallen sind mir einige Fehler im Lektorat.
Diese wurden bereits weitergegeben und werden dann in einem erneuten Druck nicht mehr zu finden sein.

Mein Fazit

Eine Familiengeschichte, die mich mal wieder so richtig abholen konnte.
Klaus Jensen bringt uns in seinem Werk "Schwalbenwinter", dessen Titel sich im Buch natürlich erkärt, viele verschiedene Charaktere näher. Zeigt uns deren eigene Geschichte auf und fügt am Ende alles zusammen. Für mich sind keine Fragen offen geblieben.
Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung für alle, die auch sehr gern über dieses spezielle Thema lesen. Ich wünsche mir mehr Bücher, welche diese Thematik behandeln, denn es ist ein Thema, welches auf vielerlei Weise erzählt werden kann.
Für mich ein weiteres Lesehighlight im Jahr 2022.