Rezension

Eine fantastische Geschichte von einer großartigen Autorin

Das Leuchten am Rand der Welt - Eowyn Ivey

Das Leuchten am Rand der Welt
von Eowyn Ivey

Bewertet mit 5 Sternen

Mit einem Schreiben an den Museumskurator in Alpine, Alaska, beginnt der neue Roman von Eowyn Ivey "Das Leuchten am Rand der Welt". In diesem Schreiben teilt Herr Walter Forrester mit, dass die Geschichte seines Großonkels Allen Forrester, aufgezeichnet durch Briefe und Tagebücher seiner Alaska-Expedition 1865, nicht verloren gehen dürfe. Ebenso von dessen Frau Sophie. Er, Walter Forrester, habe keine Nachkommen und auch ansonsten sei familiär niemand mehr da. Es sei ihm wichtig, dass die Unterlagen einen guten neuen Aufenthalt bekämen. Colonel Forrester war von der Regierung ermächtigt worden, eine Expedition ins Innere Alaskas flussaufwärts des Wolverine Rivers durchzuführen, aufzuzeichnen für die Regierung.
In wechselnden Kapiteln schildern jeweils Allen und Sophie Forrester in Tagesabschnitten die Handlung, immer wieder unterbrochen durch den laufenden Schriftverkehr zwischen Joshua Sloan, dem Kurator, und Walter Forrester.
Zur Expeditionsmannschaft gehört auch Mr. Pruitt. Dieser soll mit seiner Kamera so viel wie möglich Bilder machen. Sophie ist begeistert von der neuen Technik. Sie liebt die Natur und zeichnet. Was wäre da das Fotografieren für ein Vorteil. Umso  mehr freut sie sich darauf, ihren Mann bis Sitka begleiten zu dürfen. Vielleicht kann sie bis dahin Mr. Pruitt überzeugen, ihr den Umgang mit der Kamera verständlich zu machen. Allen und Sophie sind gerade mal ein Jahr verheiratet.. Dass sie ihn begleiten wird, wird nicht gerade gut von den anderen Frauen in der Garnison Vancouver aufgenommen. Doch das Leben macht ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie ist schwanger und muss verzichten.
Die Berichte über die Expedition ist spannend und hochinteressant geschrieben. Auch wenn es sich um fiktive Personen handelt, wurde Ivey durch die historische Reise ins Inland von Alaska des Lt. Heny T. Allen 1885 hierzu inspiriert. Und dessen Aufzeichnungen waren für die Autorin eine wahre Goldgrube. Warum ich das hier so aufführe? Wenn man ein wirklich tolles, faszinierendes Buch liest, und dann hinter die "Kulissen" schaut,  wird einem klar, wie viel Zeit an Recherche hierin steckt, um es glaubhaft herüber zu bringen. In bildhafter Sprache bringt die Autorin die Entbehrungen, aber auch die Schönheit der Gegend herüber. Und ebenso klar stellt sie die Charaktere auf. Großartig, authentisch. Mythos und Magie, die Kultur der damaligen Einwohner, aber auch die harte Realität des Lebens, der Lebensumstände.
Sophie Forrester, eine für die damalige Zeit moderne Frau, ihre Geschichte, ihren Weg zu lesen, war beeindruckend. Man könnte meinen, es bräuchte für Sophie ein eigenes Buch. Dem kann ich so nicht zustimmen. Gerade die Verbindung zwischen ihr und Allen kommt durch die großartige Abstimmung der jeweiligen Kapitel sehr gut hervor. Die Liebe zwischen ihr und Allen ist förmlich spürbar, trotz aller Höhen und Tiefgen. Ihre Entwicklung, die Liebe zur Fotografie, all das zeigt auf, wie sehr Sophie die Natur liebt. Und ihr dabei hilft, ihren Schmerz über den Verlust zu überwinden.
Die alten Schwarz-Weiß-Fotos, die Zeichnungen, die Beschreibungen zu den Artefakten geben dem Buch noch einmal das gewisse Etwas.
Es gäbe noch viel mehr zu dem Roman zu schreiben. Meine Anerkennung und Respekt hat die Autorin auf jeden Fall.
Ich war von "Das Schneemädchen", dem ersten Roman der Autorin, sehr beeindruckt. "Das Leuchten am Rand der Welt" ist natürlich eine andere Geschichte, aber genauso gut, oder sogar noch irgendwie besser☺
 Das Hardcoverbuch zeichnet sich ebenfalls aus, dass es ein Lesebändchen hat. Heutzutage leider eine Rarität bei Büchern.
Eine spannend erzählte Geschichte, ihre Beschreibung der Landschaft von Alaska, die lebendigen Charaktere geben dem Leser das Gefühl, mittendrin in der Handlung zu sein.
Es zeigt aber auch auf, dass wir die Achtung vor der Natur nicht verlieren dürfen. Alles ist ein Miteinander, Mensch und Natur.