Rezension

Eine große und viele kleine Hexengeschichten in einem Buch

Hexenwald und Zaubersocken - Jutta Richter

Hexenwald und Zaubersocken
von Jutta Richter

Tief im Wald, neben den drei Eichen, gegenüber vom Froschteich, da, wo im Frühling die ganz gelben Dotterblumen wachsen, lebt in einem kleinen schiefen Haus Karlotta Ingwer Loretta, genannt Karla. Karla ist eine Hexe, aber keine Hexe im üblichen Sinne. Sie ist jung, blond und hübsch. Sie kocht gerne und liebt den Frieden, sie zaubert ihn sogar jeden Samstag. Leider ist Karla auch einsam. Sie liebt Geschichten, aber niemand ist in der Nähe, der ihr Geschichten erzählen könnte. So lebt sie jeden Tag in ihrem blauen Kleid und mit ihren roten gestrickten Socken vor sich hin und manchmal bekommt sie auch Besuch vom armen Dier, das ganz viel Traurigkeit über sie bringt.

In der nahe gelegenen Stadt wohnt Robert. Robert ist Kohlenträger und auch sehr einsam. Er sehnt sich nach einer Freundin, aber alle Mädchen, die er kennen lernt, laufen weg, weil Robert sich wegen seiner schwarzen Fingernägel schämt, die er nicht mehr sauber bekommt.

Der junge Mann liebt Geschichten und sammelt sie. Deshalb bringt er besonders gerne Kohlen zur alten Frau Schlott, die wunderbare Geschichten erzählen kann und auch manchmal ein Geschenk für Robert hat. Einmal, als Robert Frau Schlott besucht, purzeln aus einer Kiste im Keller Socken, darunter auch ein Paar rote Socken. Frau Schlott erzählt Robert die Geschichte von der Hexe Karla im Wald, die rote Socken strickt. Für Robert sind Geschichten ja eigentlich nur Geschichten, aber Frau Schlott ist da ganz anderer Meinung: „Was man weiß und was man glauben will“. Jedenfalls freut sich Robert über die roten Socken und zieht sie auch zu Hause gleich an und legt sich aufs Bett. Sofort verspürt er ein Kribbeln in den Füßen, schläft ein und träumt von der Hexe Karla.

Auch Karla verspürt ein Kribbeln in ihren Füßen und weiß gleich, dass irgendwo jemand ein Paar ihrer roten selbst gestrickten Socken angezogen hat.

Gleich am nächsten Tag macht sich Robert auf den Weg in den Wald. Dies ist der Beginn einer wunderbaren Verbindung zweier Menschen, die sich gegenseitig Geschichten erzählen und die Erfahrung machen, dass man für eine wahre Liebe auch auf  Dinge verzichten muss.

Eine große und viele kleine Hexengeschichten in einem Buch.

Ein schönes Buch, welches den ganz jungen Lesern Gefühle der besonderen Art näher bringt: Einsamkeit und Traurigkeit aber auch Freundschaft, Nähe und Liebe. Vor allem die bildliche Darstellung der Traurigkeit in Form des armen Diers möchte ich an dieser Stelle hervorheben.

Die poetische Sprache der Autorin Jutta Richter verbindet sich hier auf wunderbare Weise mit den schönen Illustrationen von Jörg Mühle. 

Copyright © 2010 by Iris Gasper