Rezension

eine Reise durch iranische Betten

Couchsurfing im Iran - Stephan Orth

Couchsurfing im Iran
von Stephan Orth

Bewertet mit 5 Sternen

So provokativ diese Überschrift für iranische Verhältnisse klingen mag, Stephan Orth, Redakteur im Reiseresort bei Spiegel online, hat diese Art des Reisens für ein Land gewählt , das uns Europäern ein großes Rätsel ist. Nur durch überwiegend negativen Schlagzeilen, erfahren wir von diesem Land, dass ein Atomprogramm hatte, das uns Angst gemacht hat und Regierungsspitzen, die das Mittelalter wieder aufblühen lassen. Frauen gelten in diesem Land wenig, haben ihrem Mann uneingeschränkt Gehorsam zu leisten und treffen ihre zukünftigen Ehemänner meisten nur 3 -4 vor der Hochzeit. Die Männer können aus Geldmangel aber häufig nicht heiraten. Der Glaube wird in diesem Land hochgehalten , Alkohol,- und Drogenbesitz und Konsum werden hart geahndet und Spionageverdacht, in den man als Ausländer leicht geraten kann , wenn man z. B. Bilder von Atomkraftwerken macht , wird mit dem Tode bestraft. Wie sind die Menschen , die in so einem Land leben , in dem die Angst ein ständiger Begleiter ist ?

Stephan Ort hat gesetzeswidrig eine Reise durch iranische Betten gemacht, heißt, hat durch Couchsurfing, das trotz strengen Verbotes ausgiebig angeboten wird ,die iranische Bevölkerung näher kennengelernt und sagt abschließend, dass er noch nirgendwo so gastfreundliche Menschen kennengelernt hat wie im Iran. Er erlebt viele Abenteuer, erfährt ,dass Poolparties in knappen Bikinis, SM -Praktiken und alkoholgeschwängerte Zusammenkünfte in privaten Räumen regelmäßig stattfinden, aber auch immer die Angst vorherrscht erwischt zu werden und mit den Konsequenzen rechnen zu müssen.

Stephan Orth wird von seinen Gastgebern viel gezeigt vom wahren Iran und er erzählt mit viel Humor seine Erlebnisse, die so ganz anders sind, als man es als Westeuropäer erwartet. Man lernt Menschen kennen, die uns an Herzlichkeit und Gastfreundschaft weit überlegen sind, die immer ein Schlupfloch finden, in ihrem eingeschränkten Leben noch Spaß zu haben und die ihr Land lieben und eigentlich nicht verlassen wollen.

Stephan Orth schreibt am Ende seines unterhaltsamen Buches, dass sie jungen Leute eine bemerkenswerte Routine darin entwickelt haben , Gesetze zu brechen, obwohl drakonische Strafen drohen. Ihre soziale Revolution findet hinter verschlossenen Türen statt oder im Internet, da das Internet mehr Freiheiten erlaubt als die Realität. Noch ist es eine Flucht aus dem öffentlichen Raum, doch irgendwann wird ihnen das Ausloten von Grenzen online so gut gefallen, dass sie es nicht mehr akzeptieren, offline gefangen zu sein.