Rezension

Eine Reise in ferne Länder

Die verlorene Puppe - Judith Vogt, Christian Vogt

Die verlorene Puppe
von Judith Vogt Christian Vogt

Bewertet mit 5 Sternen

Ferenc heuert als Artist beim fliegenden Circo Apocalástico an. Dort arbeitet er zusammen mit der Schlangenfrau Yue am Trapez. Doch Yue und er sind nicht die einzige Attraktion. Ein echtes Mammut begeistert das Publikum genauso wie die bärtige Dame Selma, der Magier Herr Iko und noch viele weitere fantastische Artisten. Während einer Aufführung werden sie angegriffen. Das Zirkuszelt verbrennt und sie werden zusammen mit ihrem Luftschiff entführt. Die Entführer wollen in ein fernes Land, von welchem noch kein Europäer zuvor lebend zurückkam.
Schon auf der Fahrt dorthin merkt Ferenc, dass einige der Zirkustruppe ein falsches Spiel spielen. Doch findet er nicht heraus, wer. Und warum wollen die Entführer gerade die ferne Hochkultur aufsuchen, um die sich grausame Sagen ranken?
Ferenc macht sich an die Aufklärung und kommt dabei einem Ränkespiel auf die Spur, die nicht nur die Zirkusgruppe, sondern auch Europa in Gefahr versetzt.

Schon mit "Die zerbrochene Puppe" konnte mich das Autorenduo um die Finger wickeln. Nun legen sie mit ihrem neuen Roman noch mal einen drauf.
Auch wenn die Geschichte wieder in der Welt von "Eis & Dampf" spielt und hier auch Personen aus dem Vorgängerroman auftauchen, ist "Die verlorene Puppe" einzeln lesbar. Es werden an den richtigen Stellen Erklärungen eingeflochten, die es möglich machen, ohne Vorkenntnisse an das Buch heranzugehen.
Dies war nämlich meine einzige Sorge, weil es schon 2 1/2 Jahre her ist, dass ich "Die zerbrochene Puppe" gelesen hatte. Doch sie war unbegründet.

Auch hier muss ich sagen, dass mich der Schreibstil sofort wieder eingefangen hat. Ich war gleich mitten in der Geschichte, die damit beginnt, dass wir Ferenc kennenlernen. Ferenc ist ein Roma, der auf der Suche nach einem Zuhause beim Circo Apocalástico anheuert. Er war schon vorher Artist in einem Zirkus, aber aus vorerst nicht erwähnten Gründen ist er von dort weggegangen, um sich einer neuen Aufgabe zu widmen.

Der Circo Apocalástico ist eine Ansammlung der seltsamsten Figuren. Die Schlangenfrau Yue ist wohl noch das harmloseste dort. Die bärtige Dame Selma, die lebende Kanonenkugel Fernando, der Blitzmagier Herr Iko oder der Starke Agosto sind nur einige der wunderbar ausgearbeiteten Charaktere, die sich im Zirkus tummeln.

Doch ist alles nicht so, wie es scheint. Bei einer Aufführung wird das Luftschiff des Zirkus gestohlen. Die Diebe sind ungewöhnliche Gestalten und ihr Ziel ist das Land der Mexica, einem gefürchteten Stamm, der eigentlich nur aus Legenden und Sagen besteht, ist von dort doch noch keiner lebend zurückgekehrt.

Und ab hier wird es wunderbar undurchsichtig, obwohl Ferenc doch so viel herausfindet. Trotzdem tappt man bis fast zuletzt im Dunkeln und die Autoren führen einem gewitzt an der Nase herum. Durch geschickt miteinander verwobene Ereignisse wird eine Handlung gesponnen, die es fast unmöglich macht, ihr nicht zu folgen. Die Spannung ist greifbar, die Charaktere sind fein ausgearbeitet und haben alle ihre Ecken und Kanten. So kann man sich in viele gut hineinversetzen und ihr Handeln nachvollziehen. Auch die "Bösen" sind gut gezeichnet und bieten das perfekte Gegenspiel zum Guten.

Gerne wäre ich länger in dieser mysteriösen Welt geblieben. Eine Welt, die von Steampunk nur so protzt, die mit Geheimnissen gefüllt ist und in der man sich - in sicheren Gefilden - sehr wohl fühlen kann.

Ich bin sehr gespannt, mit welchen neuen Geschichten das Autorenpaar uns noch erfreuen wird und vor allem, ob man mit alten Bekannten nochmals ein Wiederlesen feiert. Insoweit steht ihnen ja Allerlei offen.

Fazit:
Ein Ausflug in ferne Länder mit Spannung, Fantasie und einer gehörigen Portion Steampunk.