Rezension

Eine starke Frau

Die Tänzerin von Auschwitz - Paul Glaser

Die Tänzerin von Auschwitz
von Paul Glaser

Bewertet mit 5 Sternen

„...Den Alliierten war bekannt, dass es in Auschwitz Gaskammern gab. Sie flogen darüber hinweg, zerbombten halb Deutschland, nicht aber die Gaskammern, obwohl das doch nahegelegen hätte...“

 

Es ist ein Verwandte des Autors, von der diese Aussage stammt.

Paul Glaser wusste lange Zeit nicht, dass er jüdische Wurzeln hatte. Bei einem Besuch im KZ Auschwitz sah er einen Koffer, auf dem sein Familienname stand. Das führte ihn auf die Spur seiner Tante Rosie. Aus ihren Aufzeichnungen entstand diese Buch.

Roosje Glaser war eine lebenslustige junge Frau. Ihre Welt war der Tanz. Zwar hatte sie eine Handelsschule besucht, um in der Firma des Vaters arbeiten zu können, doch das befriedigte sie nicht. Nach den Bruch mit den Eltern lässt sie sich zur Tanzlehrerin ausbilden. Sie stellt sich auf eigene Füße.

Der jüdische Glaube spielt in ihrem Leben nie eine Rolle. Damit konfrontiert wird sie allerdings schon einmal als Kind, während ihr Vater in Deutschland arbeitete. Als die Welle des Nationalsozialismus in die Niederlande herüberschwappt, muss sie sich vom Bruder ihres Partners sagen lassen:

 

„...Du kannst in die Kirche gehen, so viel du willst – du bist und bleibst Jüdin. Ich bin Nationalsozialist, und du wirst sehen: Die Juden werden zur Hölle fahren, und wir werden unseren Teil dazu beitragen...“

 

Lange testet Roosje aus, wie viel Freiheit sie sich nehmen kann. Missgunst, Neid und Konkurrenzdenken, auch die Rache eines verschmähten Mannes sorgen für ihre erste Verhaftung. Danach ist sie vorsichtiger. 1942 gelingt es Rossje und ihrer Mutter, sich kurz vor der Deportation zu verstecken. Wieder werden sie verraten. Ihr Weg führt durch verschiedene Konzentrationslager. Es ist ihr starker Überlebenswille und ihr Mut, ungewöhnliche Wege zu gehen, die sie diese Zeit ertragen lassen.

Nach dem Krieg gehört sie zu den wenigen, die ihr Recht einfordern. Warum so viele schweigen, formuliert eine Bekannte so:

 

„...Wir waren nach dem Krieg so erschöpft, dass wir keine Kraft dazu hatten. Die Befreiung war für uns ein zweischneidige Angelegenheit...“

 

Während der große Teil des Buches Roosjes Leben erzählt, skizziert Paul in einigen Kapiteln, wie sich seine Suche nach der Vergangenheit gestaltet hat.

Das Buch wirft ein völlig neue Schlaglicht auf die Rolle, die niederländische Staatsorgane bei der Behandlung der Juden gespielt haben. Das folgende Zitat lässt nur erahnen, wie es in den Befreiten aussah:

 

„...Der Vorsitzende des Schwedischen Roten Kreuzes, Graf Folke Bernadotte, hielt eine unvergessliche Ansprache, doch als die niederländische Nationalhymne gespielt wurde, konnte und wollte keiner mitsingen...“

 

Nach dem Krieg hat Roosje alle Hebel in Bewegung gesetzt, um in Schweden bleiben zu können. Einer der Gründe war das Verhalten der niederländischen Regierung gegenüber den überlebenden Juden. Die Diskriminierung ging weiter.

Fotos von Roosje ergänzen die Handlung. Auch einige ihre selbstgeschriebenen Gedichte werden im Buch veröffentlicht.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist ein wichtiges Dokument gegen das Vergessen.