Rezension

Eingetaucht in die Londoner Theaterwelt der 1970er Jahre

Jahre wie diese
von Sadie Jones

Bewertet mit 4 Sternen

Luke Kanowski ist ein junger Mann, der aus dem provinziellen Leben außerhalb Londons ausbrechen möchte. Seine Mutter verbringt seit vielen Jahren ihr Leben in einer geschlossenen Anstalt, wo er sie hin und wieder besucht und ihr einmal in der Woche Postkarten schickt. Sein Vater verkriecht sich in seinem kleinen Häuschen zwischen Essensgerüchen und unzähligen Alkoholflaschen. Luke ist derjenige, der im Leben seiner zerbrechlichen Eltern Ordnung schafft. Bereits als Schüler taucht Luke in Fantasiewelten ab, und schreibt die ersten Gedichte und Theaterstücke. Als Luke nach London geht, träumt er von einer Karriere an einem Theater. Zunächst jobbt er in einer Papierfabrik, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Zur gleichen Zeit, in der Luke Teenager ist, lebt Nina Hollings (später: Jacobs, der Mädchenname ihrer Mutter) bei ihrer Tante Matilda, weil ihre Mutter Marianne als Schauspielerin wenig Zeit für sie hat. Als Nina ebenso nach London geht, um die Schauspielschule zu besuchen, beginnt für sie ein neues Leben unter dem anfänglichen Einfluss ihrer Mutter.

Luke lernt Paul und Leigh kennen, die ebenso an Theaterarbeit interessiert sind wie er. Alle drei stehen noch am Anfang ihrer Erfahrungen als Dramatiker, Regisseur und Assistentin. Nachdem sie sich kennengelernt haben, ziehen Luke, Paul und Leigh zusammen in eine Wohnung und bilden eine Wohngemeinschaft. Zwischen Leigh und Paul entwickelt sich eine Beziehung. In der Zwischenzeit absolviert Nina ihre Schauspielschule, und bewirbt sich für Rollen. Ihre Mutter ist mit Tony Moore befreundet, der ihr als Theaterautor hin und wieder Rollen vermittelt. Zwischen Tony und Nina entwickelt sich eine Beziehung, die eher unter dem Einfluss von Tony steht. Sie heiraten auf den Wunsch von Tony.

 

Die britische Autorin Sadie Jones schuf eine Geschichte in dem Flair der 1960er und 1970er Jahre. Im Mittelpunkt steht Luke, der davon träumt, eines Tages als Theaterautor berühmt zu werden. In London trifft er Paul, Leigh und Nina, die ebenso dem Theaterleben verbunden sind. Sadie Jones entwickelte schwache und starke Charaktere, die in einer Gefühlswelt und Abhängigkeit verharren, dass man die Grenzen und Entwicklungen der einzelnen Protagonisten nachvollziehen kann. Manches Mal möchte man gerne als Leser eingreifen, und den einen oder anderen Protagonisten durchschütteln. Aber das ist die Stärke der Autorin, solche ambivalenten und schwierigen Charaktere zu schaffen. Trotz der Zeitspannen und Zeitsprünge lässt sich die Geschichte gut lesen, wobei der Schrifttyp anfangs gewöhnungsbedürftig ist. Nach wenigen Seiten hat man sich dennoch an die Schrift gewöhnt. Da die Geschichte hauptsächlich in der Zeit von 1965 bis 1972 handelt, kommt das Flair der damaligen Zeit nicht immer herüber. Anzeichen für diese Zeit ist das gemeinsame Leben in Wohngemeinschaften mit dem spartanischen Lebensumständen, der Joint- und Alkoholkonsum sowie die wenigen Beschreibungen der damaligen Kleidungsstile.

 

Dieser Roman packte mich in der Phase des Buches in der Welt der Theaterstücke, Theaterbau und schauspielerischen Auseinandersetzungen zwischen den Protagonisten eine Rolle spielten. Die jeweiligen Beziehungen zwischen den Protagonisten stellen sich teilweise schwierig dar. Nina als Tochter und Ehefrau wird anders dargestellt als Leigh, die in einer lockeren Beziehung mit Paul lebt. Tony lebt seine beruflichen und sexuellen Wünsche aus. Und Luke hat noch einige Steine vor sich liegen, an denen er noch wachsen muss. Im Großen und Ganzen gefiel mir die Geschichte, die im zweiten Teil des Buches sogar eine gewisse Spannung aufbrachte.