Rezension

Enttäuschendes Finale

Im Zeichen der Finsternis - Aimee Agresti

Im Zeichen der Finsternis
von Aimee Agresti

Im Zeichen der Finsternis ist der Abschluss der Trilogie um die Engel-Novizen Haven, Lance und Dante. Nach der Schlacht in New Orleans - in der sie es zwar geschafft haben, den Fürst zu schwächen, aber nicht, Lance vor ihm zu retten -, bereiten sich die Lehrlinge auf den alles entscheidenden Kampf vor. Oder eher: die entscheidenden Kämpfe. Zur Sommersonnenwende müssen sie nach Paris und den Teufeln, die an diesem Tag erstmalig wieder aus der Hölle steigen dürfen, um neue Rekruten anzuwerben, das Handwerk legen. Das oberste Ziel ist, Lance zu retten, doch sehr viel länger können sie die bevorstehende Revolution nicht hinauszögern. Die Revolution, in der die Dämonen die Engel endgültig besiegen und die Welt für sich beanspruchen wollen. Und ohne Verluste können die Engel diesen Kampf nicht bestreiten.

Ich muss gestehen, dass ich so meine Schwierigkeiten hatte, mich wieder in die Geschichte einzufinden. Sie setzt unmittelbar nach Ende des zweites Bandes an, der mich völlig mitgerissen hat, und obwohl recht viel wiederholt wird, konnte ich mir einiges nicht mehr ins Gedächtnis rufen. Die meisten Nebenfiguren wie Emma, Tom und River oder auch Beckett, Kip und Clio sagten mir nichts mehr, nur (Ex-)Dämon Lucian und Dämonin Aurelia kannte ich noch. So wie mein Gedächtnis braucht auch der Plot recht lange, bis er in Fahrt kommt. Falls man überhaupt von "in Fahrt kommen" sprechen kann. Der Anfang dreht sich hauptsächlich um die Planung von Paris und um die Trainingseinheiten der Engel, die ihre neuen Kräfte ausprobieren. Haven entwickelt sich ziemlich schnell zur geborenen Anführerin, die mit ihren neuen Fähigkeiten schneller klarkommt als andere, die den anderen einiges an Erfahrung voraus hat und die durch ihre ausgeprägte Fähigkeit als Seelenleuchterin als etwas ganz besonderes gilt. Was ich bei ihr vermisst habe, ist die echte Trauer über den Verlust von Lance. Natürlich ist er noch nicht tot und sie hat noch Hoffnung, aber die Trauer, die sie zeigt, nehme ich ihr nicht ab. Ebenso wie die plötzliche absolut unerschütterliche Überzeugung, dass sie Lance liebt und nur Lance, und Lucian fallen lässt wie eine heiße Kartoffel. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie Band 2 geendet ist, aber das kam für mich ein bisschen plötzlich. Dazu geht sie so suverän mit der Situation (Lance' verschwinden) um, dass ich nicht wirklich glaube, dass sie so sehr leidet, wie sie tut. Sie ist mittlerweile einfach zu perfekt, meistert alles scheinbar mühelos, weiß immer, was zu tun ist, wird von niemandem angezweifelt. Jede neue Fähigkeit beherrscht sie auf Anhieb und ihre düstere Zukunftsvision scheint sie mühelos verdrängen zu können. Es ist einfach langweilig, wie gut und perfekt sie ist.
Auch der Plot selbst wird immer abgedrehter (wenn auch leider nicht spannend). Als wäre die Schlacht zwischen Engelsnovizen und Teufeln nicht genug, kommen jetzt auch noch Zeitreisen hinzu. Zeitreisen? In einem Fantasyroman, in dem es um Engel und Dämonen und den klassischen Kampf von Gut und Böse geht? Hm. Ich finde, da macht es sich jemand ziemlich einfach, einen wichtigen Plotpoint mal eben so wieder rückgängig zu machen. Bei dieser Zeitreise klappt ausnahmsweise mal nicht alle auf Anhieb, was aber irgendwie vorhersehbar war. Wenn Connor Haven sagt "Du darfst niemanden anfassen, sonst hat das Konsequenzen, du musst wie ein Geist sein" ist doch klar, was passieren wird, oder?  Leider bietet nicht nur der Plot Klischees, auch die Sprache tut es. Ich weiß nicht, ob das nur an der Übersetzung liegt, aber diese abgedroschenen Phrasen in Kombination mit dem berichtartigen Erzählstil waren auf Dauer sehr ermüdent. Anders als in den anderen Bänden hat die Autorin es absolut nicht geschafft, mich durch ihren Schreibstil zu fesseln. Das ganze Buch ist eine einzige Abfolge von runtererzählten, zusammengefassten Handlungen und Vorbereitungen und auch die große Schlacht am Ende kann das nicht mehr rausreißen. Ich hatte überhaupt nicht das Gefühl, mitten drin zu sein im Geschehen. Es war vielmehr, als sitzt man jemandem gegenüber, der die Geschichte so schnell wie möglich runterrasseln möchte. "Erst passierte das und dann das und dann das und das machten wir zwei Wochen lang so und drei Monate später passierte dann das und nach fünf Tagen trat jenes ein und nach einer weiteren Woche dieses." Die Zeit dazwischen wird mit kitschigen Dialogen, endlosen Abhandlungen über Outfits und langweiligen Actionszenen gefüllt.

So sehr mich der Auftakt dieser Trilogie und seine Fortsetzung auch begeistert haben, so platt, oberflächlich und enttäuschend ist ihr Abschluss. Haven entwickelt sich zum perfekten Engel, die Antagonisten bleiben furchtbar blass und die Dialoge klingen einfach abgedroschen. Dazu kommen absurde Handlungsstränge wie Havens Zeitreise. Wie die Autorin die Dreiecksgeschichte zwischen Haven, Lance und Lucian löst ist unbefriedigend und geschummelt und dem Leser gegenüber fast schon unverschämt. Als hätte sie plötzlich keine Lust mehr auf eine ihrer Hauptfiguren gehabt. Diesem Band fehlt jegliche Originalität, die die ersten beiden mit sich gebracht haben. 

 

(c) Books and Biscuit