Rezension

Erfülltes Versagen

The Remains of the Day - Kazuo Ishiguro

The Remains of the Day
von Kazuo Ishiguro

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein wunderbar langsam zu lesendes Buch in der sich die eingerichtete Normalität und ein ganz normaler Wahnsinn  in leisen Tönen offenbart.
Stevens, der sein  Heil in der Erfüllung der perfekten Rolle des perfekten Butler - Verwalter für den anscheinend perfekten Lord Darlington und dessen Darlington Hall suchte, erzählt uns seine Geschichte in der Geschichte ... 
Die Rahmenhandlung bildet eine mehrtägige Autofahrt durch England, die Stevens unternimmt. Diese Fahrt wird für Stevens gedanklich zu einer Reise in die Vergangenheit und so erschliessen seine Erinnerungen und seine erzählte Nachdenklichkeit der Leserin die komplexen letzten dreissig Jahre von Stevens und der glanzvollen Geschichte von Darlington Hall. Und während Stevens mitunter seitenweise über die Würde eines Butlers und die wahren Grossen seines Berufstandes sinniert, wird der Leserin langsam klar, dass sie sich die persönliche Geschichte Stevens selbst erschliessen muss. Denn obwohl er uns als Ich-Erzähler,  intim teilhaben lässst an seinem Leben und seinen Gedanken, sind jedoch seine Gefühle so sehr seiner professionellen Performance untergeordnet, dass sie Stevens wohl selbst unbekannt sind. Tod, menschliche Nähe , Verliebtsein, Liebe alles wird in die Peripherie verdrängt und im Mittelpunkt strahlt das geputzte Silber. Auch jegliche authentische Kritikfähigkeit verschlingt das Butlerethos und wird ersetzt von dem Glauben, an den Lord und die ihm zugestandene elitäre Unfehlbarkeit.
Ein sehr feinfühliges und passend zu Butler Stevens und seinem Lord  ein sehr respektvolles Buch, das einen mit etwas wehem Gefühl und Sinnieren über die vielen Geschichten in der Geschichte und  ein erfülltes oder - und versagtes Leben entlässt.