Rezension

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Ergreifend

Eine Handvoll Rosinen - Daniel Zipfel

Eine Handvoll Rosinen
von Daniel Zipfel

Ludwig Blum arbeitet als Beamter bei der Fremdenpolizei in Österreich im dort größten Aufnahmelager in Traiskirchen. Tagtäglich hat er mit Asylanträgen, Anhörungen und Abschiebungen zu tun. Er ist schon viele Jahre im Dienst und ein überaus korrekter Beamter, der sich immer an die Regeln hält. Für ihn muß alles seine Ordnung haben. Doch die Arbeit im völlig überfüllten Aufnahmelager mit den vielen Flüchtlingen ist nicht einfach, auch besonders wenn es darum geht, eine Ausweisung zu veranlassen. Bisher kam Blum wohl mit dem Beamtenapparat zurecht, denn wenn eine Ausweisung rechtmäßig im Sinne der bestehenden Gesetze ist, dann muß er sie eben durchführen lassen. Es muß ja alles seine Ordnung haben. Doch auch Blum kann nicht die Augen vor der Not der Flüchtlinge verschließen, für die in Traiskirchen gar nicht ausreichend Platz vorhanden ist, da die Notunterkünfte völlig überbelegt sind und auch Kirche und Rotes Kreuz völlig überfordert sind. Hinzu kommen auch noch Anfeindungen seitens der Bevölkerung die dem Ansturm der Flüchtlinge mit gemischten Gefühlen begegnen. All das muß Blum jeden Tag erleben und als bei einer Amtshandlung, der Abschiebung einer Flüchtlingsfamilie, sich der Vater aus Verzweiflung über die Abschiebung verletzt, scheint für Blum das Maß voll zu sein. Er gerät ins Grübeln und stellt vieles in Frage. Die nächste drohende Abschiebung des Flüchtlings Aram versucht er daher zu verschleppen. Er schaut sich die Akten noch einmal an, aber die drohende Abschiebung hat eigentlich nach den geltenden Vorschriften seine Ordnung. Eigentlich, aber was ist mit Aram, der Angst davor hat, ausgeliefert zu werden? Was erwartet ihn in seiner Heimat, aus der er geflohen ist? Blums Verzögerungstaktik bleibt jedoch bei seiner Vorgesetzten nicht unentdeckt und sie beginnt damit, ihm die Akten zu entziehen. Blums Verzweiflung wird größer. In dieser Situation lernt er den undurchsichtigen Dolmetscher Nejat kennen, der selbst früher ein Flüchtling war. Nejat ist jedoch nicht nur Dolmetscher für die Ausländerbehörde, sondern betätigt sich auch noch als Schlepper. Eine verhängnisvolle Bekanntschaft nimmt ihren Lauf.

Dieser Roman hat mir ausnehmend gut gefallen. Die Situation der Flüchtlinge, die überfüllten Unterkünfte und das Gefühlsleben der Protagonisten werden sehr anschaulich geschildert. Die Zerrissenheit und die Not der Personen ist beim Lesen direkt spürbar. Ein beeindruckendes Buch, das noch lange bei mir nachwirken wird.